BVT: Kickl belastet nun Goldgruber

Der Innenminister schiebt den schwarzen Peter seinem Generalsekretär, Peter Goldgruber, zu.
Der Innenminister schiebt den schwarzen Peter seinem Generalsekretär, Peter Goldgruber, zu.(c) APA/HANS PUNZ
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Der Innenminister schiebt den schwarzen Peter seinem Generalsekretär, Peter Goldgruber, zu. Die letzte Suspendierung wurde aufgehoben – wieder mit einem vernichtenden Urteil.

Wien. Die FPÖ zeigte ob des ernsten Themas, das am Montag im Parlament behandelt wurde, einen eigenartigen Humor.

Da warf der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Kai Jan Krainer dem FPÖ-Innenminister Herbert Kickl in der Sondersitzung zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vor, die Sicherheit des Landes aufs Spiel gesetzt zu haben. Schallendes Lachen aus der FPÖ-Fraktion. Er sprach von der Angst der BVT-Mitarbeiter, weil ihre Identität aufgedeckt wurde. Kichern. Als angemerkt wurde, dass künftig ausländische Dienste auf eine Zusammenarbeit mit Österreich wohl verzichten werden, sorgte das in der blauen Fraktion für große Belustigung.

Vielleicht wurde so viel gelacht, weil Innenminister Herbert Kickl prinzipiell der Meinung war, der falsche Ansprechpartner zu sein. Er wies alle Vorwürfe von sich und schob den schwarzen Peter seinem Generalsekretär, Peter Goldgruber, zu. Er betonte mehrfach, von diesem erst nachträglich informiert worden zu sein. Verfehlungen ortete er auch beim Koalitionspartner ÖVP im Justizministerium. Denn es sei die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gewesen, die die Hausdurchsuchung angeordnet hätte, die die Qualität von Zeugen einschätzen müsse.

So fröhlich die Debatte startete, desto aggressiver wurde sie mit fortschreitender Zeit: Die Zwischenrufe wurden mehr und wütender – bei Peter Pilz wurde herumgegreint, bei der pointierten Rede der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper wurde wild dazwischengebrüllt – und der letzte Redner, Jörg Leichtfried (SPÖ), von FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz schließlich als „Rotzbua“ bezeichnet. Dieser hielt mit einem Taferl von den apokalyptischen Reitern und einem Misstrauensantrag gegen Kickl dagegen.

Suspendierung aufgehoben

Die Substanz der anonymen Vorwürfe gegen die Beschuldigten in der BVT-Causa wird täglich weniger. Am Montag wurde auch die letzte der drei vom Innenministerium ausgesprochenen Suspendierungen aufgehoben – einmal mehr mit einem vernichtenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts.

Dem Chef der IT-Abteilung, H., wird in dem anonymen Pamphlet vorgeworfen, Daten nicht gelöscht beziehungsweise kopiert zu haben.
Das Bundesverwaltungsgericht zeigt in dem der „Presse“ vorliegenden Erkenntnis wenig Verständnis für die Entscheidung der Disziplinarbehörde, H. zu suspendieren. Denn diese begnüge sich in ihrer Begründung lediglich mit einem Verdacht der Dienstrechtsverletzung. Und dieser gründe „lediglich auf einem gerichtlichen Beschluss über die Bewilligung einer Hausdurchsuchung“. Das Gericht kritisiert auch, dass keine Sachverhaltselemente des Beschuldigten herangezogen worden sind.

Die Hausdurchsuchung bei H. wurde übrigens von der führenden Staatsanwältin Ursula Schmudermayer mit der Möglichkeit einer vermeintlichen „Fernlöschung“ begründet. Mittlerweile ist klar: Technisch ist das so gar nicht möglich – darum läuft gegen die Hausdurchsuchung selbst parallel auch noch eine Beschwerde.

Die Suspendierung sei für das Bundesverwaltungsgericht auch überraschend, steht weiters in dem Erkenntnis. Grund dafür ist auch die Beschuldigtenvernehmung der Staatsanwaltschaft. Gegen H. seien nämlich auch bei dieser Vernehmung keine konkreten Anschuldigungen erhoben worden. Es seien „überhaupt keine Vorhaltungen gemacht worden, die auch nur ansatzweise den Verdacht eines amtsmissbräuchlichen Vorgehens, geschweige denn einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung rechtfertigen würden“, heißt es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2018)

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