Niemand aus der Regierung reagiere auf die Rücktrittsaufforderung von FPÖ-Generalsekretär Vilimsky an EU-Kommissionspräsident Juncker. Das schade dem Ansehen Österreichs, kritisiert der Bundespräsident.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen übt scharfe Kritik an der türkis-blauen Bundesregierung. Dass niemand aus der Regierung auf die Rücktrittsaufforderung von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker reagiere, schade dem Ansehen Österreichs, erklärte Van der Bellen in einem Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten".
Es gebe ein klares Bekenntnis zum europäischen Kurs, aber gerade während der EU-Präsidentschaft Österreichs komme nun Vilimsky "in einer Art daher, die ich kaum je erlebt habe", stellte Van der Bellen im Interview laut der "ZIB 2" fest. Er beschimpfe Kommissionspräsident Juncker in einer "unflätigen Art" und niemand aus der Bundesregierung reagiere darauf, kritisierte der Bundespräsident.
Vilimsky, Delegationsleiter der FPÖ im Europaparlament, hatte Bilder vom schwankenden und sich auf mehrere Gäste stützenden Kommissionspräsidenten beim Nato-Gipfel am Mittwoch zum Anlass genommen, einen raschen Rücktritt Junckers zu fordern. "Der mittlerweile zum Online-Hit gewordene Auftritt eines torkelnden und von mehreren Staatschefs gestützten Juncker im Rahmen eines jüngsten Gipfeltreffens in Brüssel macht die gesamte Europäische Union zur Lachnummer und dies in einer gesamt sehr schwierigen Situation für die EU", so Vilimsky. Er führte an, dass es in den vergangenen Jahren "eine Reihe von offensichtlichen Alkoholproblemen" gegeben habe, "die immer wieder zu einer Serie peinlicher Videos geführt" habe.
"Nichts dazu zu sagen, ist zu wenig"
Auch dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) keine Stellungnahme abgeben will, missfällt Van der Bellen: "Zu sagen, dazu nichts zu sagen, das empfinde ich als zu wenig."
"Ich finde die Aussagen Vilimskys unerhört", so Van der Bellen auch in der "Tiroler Tageszeitung" laut einer Vorabmeldung. Bedauern äußert er auch darüber, dass unter der ÖVP-FPÖ-Regierung die "großen Vorzüge" der Sozialpartnerschaft keinen großen Wert mehr zu haben scheinen: "Das bedaure ich sehr." - "Ich glaube, es wäre niemandem ein Stein aus der Krone gefallen, hätte man sich beim Arbeitszeitgesetz auf eine anständige parlamentarische Begutachtung geeinigt", meinte Van der Bellen außerdem.
Ebenfalls der "Tiroler Tageszeitung" sagte Van der Bellen, er orte einen "massiven Investitionsstau" beim Bundesheer, dessen Oberster Befehlshaber er ist. Er erklärte auf die Frage nach dem nötigen Budgetrahmen für das Heer, es bräuchte "so viel, dass wir den Investitionsstau beheben können". Bundeskanzler Kurz habe kürzlich angeboten, dass sich Österreich unter einem UN-Mandat auch in der Ukraine engagieren könnte: "Ich sage: Nein, das können wir unter diesen Rahmenbedingungen nicht. Unsere Kapazitäten sind vollkommen erschöpft."
FPÖ argumentiert mit Recht auf Meinungsfreiheit
Der zweite FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker rechtfertigte Vilimskys Aussagen über Juncker mit dem Recht auf Meinungsfreiheit - und kritisierte seinerseits Van der Bellen für seine Kritik scharf. Zwar habe auch der Bundespräsident das Recht, "seine persönliche Meinung" kundzutun, er agiere aber einseitig.
Es stehe Van der Bellen selbstverständlich zu, Kritik zu üben, aber derart einseitig habe zuletzt Thomas Klestil das Bundespräsidentenamt ausgeübt, meinte Hafenecker: Van der Bellen solle "seine 'grüne Sommerbrille' wieder abnehmen".
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(APA)