Wann kam das "Schwiegermuttergeld" nach Österreich?

Angeklagter Karl Heinz Grasser
Angeklagter Karl Heinz GrasserAPA/GEORG HOCHMUTH/APA-POOL
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Ticker Verhandlungstag 47 Der frühere Finanzminister übt harsche Kritik an der Arbeit der Ermittler. Diese hätten ein "inferiores" Bewegungsprotokoll angelegt, Lob hat er für die "Akribie" der Richterin übrig.

Ein Minister auf Reisen. Diesen Titel hätte sich der 47. Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Beschuldigte durchaus verdient. Oder: auf der Suche nach dem „Schwiegermuttergeld“. Denn Richterin Marion Hohenecker überprüfte akribisch, wann sich der ehemalige Finanzminister von Jänner 2005 bis Ende Februar 2006 wo befand – und wie er dorthin gelangte. Zu Hilfe nahm sich die Prozessleiterin hierfür das von den Ermittlern angefertigte „Bewegungsprofil“ sowie die Kalendereinträge des heute 49-Jährigen. Dabei wurde deutlich: Die beiden Unterlagen weichen teils stark voneinander ab.

Grasser nahm diesen Umstand zum Anlass, um die Ermittlungsarbeiten als „derartig schlampig“, als „inferior“ zu kritisieren. Flugreisen – unter anderem von und nach Wien, Innsbruck, Paris, Zürich, Neapel, Mailand – waren teils gar nicht eingetragen worden, teils waren es die falschen. In Anspielung an die US-Fernsehserie „Bezaubernde Jeannie“ meinte Grasser sodann: „Ich schaffe das nicht, ich habe auch keine Jeannie zuhause, die mich wegblinkt.“ Sein Fazit: „Es ist das Papier nicht wert, auf dem es ausgedruckt ist.“

Geldtranchen und Fotos aus dem Privatleben

Warum aber spielen die Reisen des Ex-Ministers überhaupt eine Rolle? Das tun sie, weil die Richterin herausfinden möchte, wann Grasser von seiner Schwiegermutter Marina Giori-Lhota 500.000 Euro erhalten hat (siehe Infobox unten). Daran kann er sich nämlich nicht mehr erinnern, nur daran, dass er das Geld in drei Tranchen erhalten habe: 100.000, 330.000, 70.000 Euro. Vermutlich an einem Wochenende. So erinnere er sich daran, dass die Schwiegermutter das Geld aus einem Safe in ihrem Schweizer Wohnort Zug geholt habe. Trotz der peniblen Suche wurde letztlich das eine Wochenende nicht gefunden.

Wohl aber gelang Richterin Hohenecker eine Klarstellung: Ein Flug von Paris nach Wien im März 2005, den Grasser am Vormittag noch als zeitlich unmöglich bezeichnet hatte, schien am Nachmittag doch plausibel. Der Grund: Hohenecker nutzte die Mittagspause, um Akten ausheben zu lassen, deren Thema: ein von Grasser angestrebtes Verfahren gegen ein Medienunternehmen. Letzteres hatte 2005 Fotos von ihm und seiner heutigen Ehefrau abgedruckt, auf dem die beiden an eben jenem Datum am Pariser Flughafen gesichtet wurden.

„Theoretisch nicht manipulierbar“

Zuvor wurde Grasser das Protokoll seiner zweiten Beschuldigteneinvernahme vom Herbst 2010 vorgehalten. Der Inhalt: die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004. „Beruf ist Beruf und privat ist privat“, kommentierte Grasser – damals wie heute. Gemeint war: Er habe seinem Freund, dem Zweitangeklagten Walter Meischberger, nie etwas bezüglich des Bieterverfahrens gesagt – und sowieso erst im Herbst 2009 erfahren, dass sein Trauzeuge und der mitangeklagte Lobbyist Peter Hochegger 9,6 Millionen Euro für Beratungsleitungen vom siegreichen Österreich-Konsortium erhalten hätten.

Dass das Konsortium und die CA Immo in der zweiten Bieterrunde so knapp beieinander lagen (961 zu 960 Millionen Euro), könnte ein „Zufall“ gewesen sein, so Grasser. Ob da nicht etwas durchgesickert sei? Grasser 2010: „Unser Prozess war theoretisch nicht manipulierbar.“ Grasser heute: „Wenn etwas theoretisch nicht manipulierbar ist, dann ist es praktisch überhaupt nicht manipulierbar."

Aussagen von Willibald Berner, der einst im Kabinett von FPÖ-Verkehrsminister Michael Schmid gearbeitet hatte und Grasser mit seiner Zeugenaussage vom Oktober 2009 schwer belastete, bestritt der Ex-FPÖ/ÖVP-Minister einmal mehr. Berner hatte gemeint, schon zu Grassers Amtsantritt habe sich ein kleiner Kreis von Personen ausgemacht, bei Privatisierungsprojekten mitzuschneiden. Grasser bestritt das damals wie heute und unterstellt Berner eine „falsche Zeugenaussage“. Denn: „Es hat nie einen Tatplan gegeben.“

Lob hatte Grasser hingegen für Richterin übrig – genauer gesagt für ihre „Akribie“. Sie ermittle weitaus genauer als die Staatsanwaltschaft, bekundete er. Hohenecker darauf: „Eigentlich sollte ich gar nicht mehr ermitteln.“ Der Prozess geht damit in die Sommerpause – am 18. September wird er fortgesetzt.

"Schwiegermuttergeld"

In der Hauptverhandlung führte der Hauptangeklagte Karl Heinz Grasser (der Ex-Minister plädiert auf nicht schuldig) aus, er habe einst 500.000 Euro von seiner Schwiegermutter Marina Giori-Lhota erhalten – in mehreren Tranchen, chauffiert mit dem Auto aus der Schweiz nach Österreich. Wann, das wisse er nicht mehr. Später sei das Geld jedenfalls an den Berater W. von der Meinl-Bank geflossen. Das Konto, auf dem die Gelder landeten, gehörte der Schweizer Briefkastenfirma Ferint AG, mit der Grasser einen Treuhandvertrag hatte – mit einem Treuhänder Sch. Die Ferint investierte in Hypo Alpe Adria Genussscheine – und vermehrte das Geld. Dieses wanderte dann, auf Initiative des mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalters Norbert W., auf das Raiffeisen-Liechtenstein-Konto der in Belize City gegründeten Briefkastenfirma Mandarin Group Ltd. und von dort weiter zur Catherine Corporation.

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