Günther Albel wird falsche Beurkundung zur Last gelegt, ab Donnerstag stehen er und neun weitere Personen vor Gericht. Sollte er verurteilt werden, will er nicht zurücktreten.
"Ich habe als Bürgermeister ein System vorgefunden, das falsch und rechtswidrig war. Als mir das klar wurde, habe ich die Verantwortung übernommen, und das tue ich auch vor dem Richter. Ein Fehler ist ein Fehler, da gibt es nichts zu beschönigen", sagte Albel, dem falsche Beurkundung zur Last gelegt wird, im Interview. Und er führte aus: "Tatsächlich hat der oberste Mitarbeiter unserer Wahlbehörde die Wahlkartenkuverts schon ab Donnerstag aufgeritzt, und auch das war absolut nicht korrekt und ein Vergehen."
Rücktritt bei Schuldspruch? "Nein"
Allerdings, so Albel, die Auszählung der Stimmen sei korrekt abgelaufen, das habe auch der Verfassungsgerichtshof festgestellt. Sein Fazit: "Die Auszählung ist ausschließlich technisch falsch gelaufen." Er hege die Hoffnung auf eine Diversion, so der Stadtchef weiter. Die Frage, ob er, sollte dies nicht zustande kommen und er verurteilt werden, zurücktreten werde, beantwortete der 44-Jährige knapp: "Nein."
Der Hintergrund: In einer Niederschrift bestätigten die Mitglieder der Bezirkswahlbehörde, dass die Wahlkarten ordnungsgemäß ausgezählt worden wären, obwohl sie bei der Auswertung und Auszählung der Briefwahlkartenstimmen der Bezirkswahlbehörde zu keinem Zeitpunkt anwesend gewesen waren. Außerdem wurde eine Sitzung der Bezirkswahlbehörde am Wahltag protokolliert, die nie stattgefunden haben soll.
Genau 40 Tage lang stand der Grüne Alexander Van der Bellen als zukünftiger Bundespräsident fest. Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Stichwahl am 22. Mai scheuten die Freiheitlichen mit ihrem Kandidaten Norbert Hofer keine Mühen, einen Verhandlungsmarathon vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Gang zu setzen, an dessen Ende die Aufhebung der Stichwahl stand. Hinzu kamen "Klebeprobleme" und damit eine Verschiebung der Wiederholung. Eine Chronologie. Bloomberg
Denkbar knapp lautete das vorläufige Ergebnis der Bundespräsidenten-Stichwahl. Mit 51,9 Prozent lag Hofer vor Van der Bellen mit 48,1 Prozent. Erst am Montag nach der Auszählung der Briefwahlstimmen sollte Klarheit über den Wahlsieger herrschen. APA/GEORG HOCHMUTH
Gegen 17 Uhr verkündet Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) das Endergebnis inklusive Briefwahlstimmen. Van der Bellen gewinnt hauchdünn mit 50,35 Prozent. Bereits zuvor gesteht Hofer seine Niederlage ein. Eine "Wahlanfechtung um der Wahlanfechtung willen" werde es nicht geben, betonen die Freiheitlichen. APA/GEORG HOCHMUTH
Das Innenministerium selbst zeigt bei der Staatsanwaltschaft erste "Unregelmäßigkeiten" in vier Kärntner Bezirken bei der Auszählung der Briefwahlstimmen an. Weitere sollen folgen.
Das amtliche Endergebnis der Bundespräsidenten-Stichwahl wird vom Innenministerium verlautbart. Van der Bellens Vorsprung auf Hofer ist leicht geschrumpft - aber sein Anteil von 50,35 Prozent bleibt gleich. Die drei FPÖ-Vertreter haben dem Endergebnis nicht zugestimmt, eine Anfechtung steht bereits im Raum. 8. Juni Die Anfechtung vor dem VfGH durch die Freiheitlichen ist fix. Parteichef Heinz-Christian Strache bringt als Zustellungsbevollmächtigter eine 150 Seiten umfassende Klage ein. REUTERS
Der VfGH räumt seinen Terminkalender leer und kündigt die öffentliche Verhandlung zur Anfechtung an - zuerst nur für drei Tage. Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer wird die FPÖ vertreten. Mehr als 90 Zeugen sollen zu Wort kommen. APA/HELMUT FOHRINGER
Bereits der erste Verhandlungstag fördert zahlreiche Formalfehler bei der Auszählung der Briefwahlstimmen zutage. Teils wurden Kuverts zu früh geöffnet, manche Auszählungen fanden ohne Beisitzer statt. Hinweise für konkrete Manipulationen gibt es aber nicht. Ein weiterer vierter Tag wird zur Zeugeneinvernahme anberaumt. Die Presse
Noch einmal kommen vor dem VfGH die Parteienvertreter zu Wort. 30. Juni Der VfGH kündigt die Bekanntgabe der Entscheidung sieben Tage und rechtzeitig vor dem möglichen Angelobungstermin am 8. Juli an Die Presse
Die Verfassungsrichter geben zu Mittag die Aufhebung der Stichwahl bekannt. Am Bild: Gerhart Holzinger (M), Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Vizepräsidentin Brigitte Bierlein (L) und Verfassungsrichter Helmut Hörtenhuber APA/HERBERT NEUBAUER
Der Hauptausschuss des Nationalrats fixiert den 2. Oktober als Wahltermin. APA/HERBERT PFARRHOFER
Die ersten fehlerhaften Wahlkarten tauchen auf - erst für die Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt, dann auch für die Bundespräsidenten-Stichwahl. Das Ministerium weist alle Gemeinden an, die Wahlkarten zu überprüfen. Am Bild: Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahlen in Wien-Leopoldstadt APA/HERBERT NEUBAUER
Das Innenministerium gibt Entwarnung - man geht davon aus, dass weniger als 1000 Wahlkarten einen schadhaften Klebestreifen haben. APA/GEORG HOCHMUTH
Ein "neues Phänomen" (BMI) tritt auf: Wahlkarten scheinen auf den ersten Blick in Ordnung, doch der Kleber geht zu einem späteren Zeitpunkt auf. Auch, wenn die Stimme bereits abgegeben wurde. APA/BMI/ROBERT STEIN
Die Stimmen für eine Verschiebung des zweiten Stichwahltermins mehren sich - und sie wird immer wahrscheinlicher. 12. September Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gibt bekannt, dass die Stichwahl auf den 4. Dezember verschoben wird. Auch werden neue Jungwähler in das Wählerregister aufgenommen. APA/HERBERT PFARRHOFER