Kurz macht Mahrer zum Multi-Präsidenten

Zurück aus dem Urlaub: Die Regierung um Kanzler Sebastian Kurz traf sich am Mittwoch zum ersten Ministerrat nach der Sommerpause.
Zurück aus dem Urlaub: Die Regierung um Kanzler Sebastian Kurz traf sich am Mittwoch zum ersten Ministerrat nach der Sommerpause. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Der Ministerrat hat die Veränderungen in der Nationalbank abgesegnet: Harald Mahrer wird neuer Präsident, verdient insgesamt aber nicht mehr.

Wien. Es war wieder einmal ein Ministerratsfoyer, wie man es von früher kannte. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache traten am Mittwoch nach der ersten Sitzung der Regierung nach der Sommerpause selbst vor die Medien. Und das von den „Message-Control-Experten“ vorgegebene Thema, die Erhöhung der Pensionen, spielte da kaum eine Rolle.

Vor allem Kurz musste sich diesmal unangenehmen Fragen stellen: Ob die Putin-Einladung zur Hochzeit der Außenministerin Schaden angerichtet habe? Die österreichische Position zu Russland habe sich durch die Einladung nicht geändert. Was er zu den abfälligen Bemerkungen von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky über Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sage? Dazu habe Othmar Karas schon alles gesagt. Wie er mit dem Tiroler ÖVP-Abgeordneten Dominik Schrott umgehe, der ein Fake-Gewinnspiel veranstaltet haben soll? Das sei sehr unehrlich gewesen, Schrott habe aber schon reagiert und sich von seinem Mitarbeiter getrennt.

Und natürlich war auch die Bestellung von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer zum Nationalbankpräsidenten Thema nach dem Ministerrat. Wie „Die Presse“ schon am Dienstag exklusiv berichtete, hat die Koalitionsspitze in kleiner Runde ein interessantes Personalpaket abgesegnet: Nicht die ÖVP, sondern FPÖ-Kandidat Robert Holzmann bekommt den wichtigen Posten des Nationalbankgouverneurs, Mahrer wird dafür Nationalbankpräsident. Und auch die Nominierung von Othmar Karas zum EU-Kommissar soll in einem Aufwaschen mitbeschlossen worden sein (siehe nebenstehenden Bericht).

Die Festlegung auf Holzmann und Karas wollte Kurz nicht bestätigen, dafür lobte er naturgemäß seinen Kandidaten Mahrer: Das sei „ein würdiger Nachfolger“ des derzeitigen Präsidenten, Claus Raidl. Auch seine Funktion als Obmann des ÖVP-Wirtschaftsbundes müsse er dafür nicht zurücklegen: „Ich bin selbst Obmann der ÖVP und Bundeskanzler. Es ist also durchaus möglich, eine Parteifunktion und eine öffentliche Funktion auszuüben“, so Kurz.

Mahrer hat übrigens neben Wirtschaftsbund und Wirtschaftskammer noch zwei weitere Führungsfunktionen: Er ist Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft.

Mahrer begnügte sich am Mittwoch mit einer schriftlichen Stellungnahme. „Ich freue mich über das Vertrauen, das der Finanzminister und die Bundesregierung in mich haben. Gemeinsam mit meinen Kollegen im Generalrat werde ich mich selbstverständlich für eine stabile Währungspolitik und einen stabilen Finanzmarkt einsetzen.“ Beides sei „wichtig für die positive Entwicklung unseres Wirtschaftsstandortes, für unsere Betriebe und deren Mitarbeiter und Familien. Ich wünsche mir, dass nicht ständig Realwirtschaft und Finanzwirtschaft gegeneinander ausgespielt werden. Wirtschaft ist unteilbar und daher auch ganzheitlich zu betrachten. Und natürlich bringe ich sehr gern meine wirtschaftspolitische Erfahrung in das Aufsichtsgremium ein.“

Mehr wollte Mahrer vor seinem Amtsantritt am 1. September nicht sagen. Verärgert reagierte man in seinem Büro allerdings über Berichte und Äußerungen, wonach Mahrer nun auch noch die Gage als Notenbankpräsident kassieren werde. Seine Einkünfte seien durch das Bezügebegrenzungsgesetz gedeckelt. Diese gesetzliche Regelung besagt, dass man nur Anspruch auf zwei öffentliche Bezüge hat. Mahrer werde also nicht mehr als bisher verdienen. Und werde auch kein Dienstauto benötigen, das ihm als Notenbankpräsident zustünde. Er hat ja schon eines.

Interesse für Geld- und Währungspolitik

Was Mahrers Befähigung für das neue Amt betrifft, so attestieren ihm Beobachter schon seit Jahren großes Interesse an Geld- und Währungspolitik. Mahrer habe sich mit der Blockchain-Technologie beschäftigt, als andere Politiker dieses Wort noch nicht einmal richtig aussprechen konnten, heißt es etwa aus Finanzkreisen. Immer wieder meldete sich Mahrer zu geld- und währungspolitischen Themen zu Wort. Das Bargeld bezeichnete er einst im Gespräch mit der „Presse“ als „ein Stück geprägte und gedruckte Freiheit“. Den Euro nennt Mahrer „ein mächtiges Symbol für Europa“, das aber lang brauchen werde, „um sich zu perfektionieren“.

Kritisch sieht dagegen die Opposition die Bestellung Mahrers: Für SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer schafft die neue Funktion einen klaren Interessenkonflikt. „Der als WKÖ-Chef oberste gesetzliche Interessenvertreter der Banken und Versicherungen kann nicht gleichzeitig an der Spitze der Oesterreichischen Nationalbank stehen“, so Krainer. Zwar seien bereits in der Vergangenheit Vertreter der Wirtschaftskammer Präsidenten der Nationalbank geworden, hätten aber ihre Funktion in der Kammer zurückgelegt. Die als OeNB-Vizepräsidentin bestellte Präsidentin des Hayek-Instituts, Barbara Kolm, bezeichnet Krainer als „führende Vertreterin von Voodoo-Economics“.

Liste-Pilz-Klubchef Bruno Rossmann hält Mahrers Bestellung für äußerst bedenklich. Er besitze „keinerlei geldpolitische Erfahrungen“. Auch Rossmann sieht einen Interessenkonflikt mit der Position als WKO-Präsident und allen weiteren Ämtern, die Mahrer bekleidet. Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn zeigte sich schockiert über Mahrers Ernennung: „Ich bin fassungslos, mit welcher Unverfrorenheit sich diese rechtsnationalistische Regierung an den Posten in unserer Republik bedient.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2018)

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