Kindergartengebühren: Oberösterreich will alles lassen, wie es ist

Nursery school in Nuremberg
Nursery school in Nuremberg(c) REUTERS (Michaela Rehle)
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Jedes fünfte Kind wurde nach Einführung von Gebühren für die Nachmittagsbetreuung ab- oder umgemeldet. Die Szenarien der Kritiker seien "nicht eingetroffen", meint die zuständige Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP).

Die Evaluierung der oberösterreichischen Kindergartengebühren hat ergeben, dass 11,4 Prozent der Kinder nach der Einführung abgemeldet wurden und 8,6 Prozent jetzt seltener kommen. Für die zuständige Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) sind damit die Szenarien ihrer Kritiker "nicht eingetroffen". Sie sehe derzeit "keine Notwendigkeit, eine Änderung der bestehenden Regelung vorzunehmen", sagte sie am Montag.

Seit 1. Februar müssen Eltern in Oberösterreich wieder für die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten zahlen. Das Land hatte nach der von Protesten begleiteten Einführung eine Evaluierung angekündigt. Die wichtigsten Zahlen daraus waren am Wochenende bereits medial kolportiert worden, am Montag präsentierte Haberlander sie in einer Pressekonferenz.

83 von 440 Gemeinden bieten keine Nachmittagsbetreuung

735 der 842 Kinderbetreuungseinrichtungen haben den Online-Fragebogen beantwortet, was einen Rücklauf von 86 Prozent bedeutet. Abgefragt wurde die Situation im April - also zwei Monate nach Einführung der Gebühren - und mit Daten vom Oktober 2017 vergleichen. Die Ab- und Ummeldungen betreffen demnach rund 20 Prozent der Nachmittags-Schützlinge, das entspricht rund 3170 Kindern.

"Bei 96 Prozent der Gemeinden bleibt das Angebot gleich", fasste Haberlander die Ergebnisse zusammen. Das bezieht sich aber nur auf die Zahl der Tage, an denen ein Kindergarten offen hat, nicht auf die Zahl der Gruppen oder die Öffnungszeiten. Erstere ist um durchschnittlich 9,6 Prozent zurückgegangen, letztere wurden in der Evaluierung nicht abgefragt. Die Zahl jener Gemeinden, in denen ein Kindergarten an fünf Tagen offen hat blieb demnach unverändert bei 155.

271 Gemeinden verzeichneten einen Rückgang an Kindern am Nachmittag - in 219 waren es weniger als zehn, die fernblieben, in 52 mehr. In 20 Gemeinden blieb die Zahl gleich, in 39 Gemeinden wurde sogar eine Zunahme verzeichnet. In 83 der 440 oberösterreichischen Gemeinden wurde und wird gar keine Nachmittagsbetreuung angeboten.

Bisher keine Kündigungen

Die Gebühren liegen zwischen 42 und 110 Euro im Monat bei fünf Tagen pro Woche, weniger Tage sind entsprechend billiger (21 bis 77 Euro). 55,7 Prozent der Eltern zahlen den jeweiligen Höchstbeitrag, fünf Prozent einen reduzierten Mindestbeitrag oder gar nichts. Der durchschnittlich bezahlte Betrag liege bei 65 Euro. Die meisten (42,9 Prozent) sind im Fünf-Tage-Tarif, 19,8 Prozent im Drei- und 37,4 Prozent im Zwei-Tages-Modell. Durch die Elternbeiträge seien 13,5 Millionen Euro hereingekommen, rechnete Alexander Stöger von der Abteilung Statistik vor, das liegt im Bereich der erwarteten 13 bis 15 Millionen Euro.

Kündigungen beim Personal seien nicht zurückgemeldet worden, so Haberlander. Allerdings komme es in rund 20 Prozent der Einrichtungen zu einer Arbeitszeitveränderung. Zum größeren Teil sind das Kürzungen, im manchen Kindergärten wurde das Stundenausmaß der Pädagoginnen und Helferinnen aber auch erhöht.

SPÖ: Gebühren "enorm hohe" Belastung

SPÖ und Grüne sehen sich unterdessen in ihrer Kritik bestätigt. "Die Kindergartengebühren zeigen ganz klar, dass Schwarz-Blau gar kein Interesse an Chancengleichheit hat. Kinder aus ärmeren Familien sind weniger wert und Frauen sollen offenbar zurück an den Herd", meinte SPÖ-Familiensprecherin Birgit Sandler.

Die SPÖ-Landesvorsitzende Landesrätin Birgit Gerstorfer kritisierte, Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) versuche die Auswirkungen herunterzuspielen: "Immerhin handelt es sich um Tausende junge Menschen, deren Bildungsweg durch die schwarz-blaue Politik beschnitten wurde." Die finanzielle Belastung durch die Gebühren sei für viele Familien "enorm hoch", meinte Gerstorfer, durchschnittlich 65 Euro pro Monat würden im Schnitt 780 Euro im Jahr bedeuten.

Der Grüne Familiensprecher Stefan Kaineder sieht in den Zahlen "die offizielle Bestätigung, dass die Kindergartensteuer eine Welle an Abmeldungen ausgelöst" und "große Löcher in das Betreuungsangebot am Nachmittag gerissen hat". Das stelle vor allem in den Landgemeinden viele Eltern "vor Riesenprobleme". Die Grünen fordern daher eine "Kindergartengarantie". Jedes Kind, das einen Betreuungsplatz braucht, müsse diesen auch bekommen - "und zwar wohnortnahe, in der gewohnt hohen Qualität der [oberösterreichischen] Kindergärten und mit flexiblen Betreuungszeiten auch am Nachmittag", meinte Kaineder.

(APA)

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