Kern ist schuld, Gusenbauer und Faymann auch

Die SPÖ hat ein Personalproblem. Nicht erst jetzt.

Der Mensch liebt den Sündenbock. Dieser heißt für viele in der SPÖ jetzt Christian Kern. Schuld an der Wahlniederlage. Schuld daran, dass die SPÖ wieder einmal als Chaostruppe dasteht. Schuld an einem veritablen Personalproblem.

Ja, Christian Kern ist schuld. Aber eben nicht nur er. Denn dass sich nach seinem Abgang nun tatsächlich niemand aufdrängt, die zweitgrößte Partei des Landes zu führen, ist ein Armutszeugnis. Und zwar für die ganze Partei.

Christian Kern ist nicht schuld daran, dass Vorgänger wie Werner Faymann oder Alfred Gusenbauer es über viele Jahre verabsäumt haben, politische Talente aufzubauen – vor allem, Frauen und Jungen eine Chance zu geben. Sie zu fördern, zu fordern, sie an ihren Aufgaben wachsen zu lassen. Zu sehr war die Führung damit beschäftigt, ihre Pfründe zu sichern – mögliche Konkurrenten wegzuboxen, wegzuloben, bevor sie gefährlich wurden.

Die Rechnung dafür bekommt die Partei nun präsentiert. Die einen wollen den Parteivorsitz nicht übernehmen – gerade von Kerns Kritikern hagelt es Absagen. Verantwortung übernehmen sieht anders aus. Die anderen können es (noch) nicht – ihnen fehlt das Rüstzeug.

Kern hat versucht, Unerfahrenen eine Chance zu geben, die Partei zu verjüngen – das funktionierte einmal besser, einmal schlechter. Zeit, zu potenziellen Nachfolgern zu reifen, hatten sie aber alle nicht genug – dafür war Kern zu wenig lang an der Spitze der Partei.

anna.thalhammer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2018)

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