Das Ministerium von Herbert Kickl veröffentlicht Anfragen eines Journalisten. Wer genau war das? Wie fing der Streit an? Und: Darf es das überhaupt? Drei Antworten.
Das Innenministerium wirft der Wochenzeitung „Falter“ vor, nicht ordentlich recherchiert zu haben. Der Chefredakteur des Blattes, Florian Klenk, bestreitet das. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigt sich „traurig“, der Presserat sei am Zug, sagt Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). E-Mails werden veröffentlicht, Tweets abgesetzt, Unfreundlichkeiten ausgetauscht. Und dann orten Medienrechtsexperten auch noch einen Gesetzesverstoß. Doch: Worum geht es eigentlich? Drei Fragen, drei Antworten.
Wer sind die Akteure?
Aktuell liefern sich das freiheitlich geführte Innenministerium und der „Falter“ einen Schlagabtausch. Auf letzterer Seite ist das Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung, der vor allem auf Twitter seinen Unmut über das Vorgehen des Innenministeriums kundtut. Auf der anderen Seite agiert allen voran der Generalsekretär des Innenministeriums, Peter Goldgruber. Aber auch andere FPÖ-Vertreter meldeten sich mittlerweile zu Wort: Vizekanzler Heinz-Christian Strache bekundete, es sei „traurig und schade“, dass „keine solide Recherche stattgefunden hat“. Sein Pressesprecher Martin Glier richtete Klenk über Twitter überdies aus: „Nimm dir ein Küberl und Schauferl und geh in den Park spielen, aber hör auf den Innenminister anpatzen zu wollen.“
Wie hat das alles angefangen?
Genau genommen: Mit der Causa BVT. Noch genauer: mit der Publikwerdung eines umstrittenen E-Mails aus dem Innenministerium, gerichtet an die Landespolizeidirektionen, Ende September. Verfasst wurde es vom Innenministeriumsprecher Christoph Pölzl. In dem Schreiben war davon die Rede, dass die Kommunikation mit „kritischen“ Medien auf „das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß“ beschränkt werden solle, namentlich hervorgehoben wurde u.a. der „Falter“. Am 2. Oktober folgte ein „Falter“-Bericht, in dem der Umgang des Ressorts mit Medien kritisiert wurde. Ebenfalls Thema war die umstrittene – teilweise als rechtswidrig aufgehobene – Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Der Reihe nach: Am 2. Oktober berichtete der „Falter“, dass das von Herbert Kickl (FPÖ) geführte Innenministerium schon vor der Razzia Auskunft über Ermittlungen gegen Burschenschaften erlangen wollte. Demnach erging am 29. Jänner eine Anfrage dazu durch Generalsekretär Peter Goldgruber an BVT-Direktor Peter Gridling. Klenk stellte im Artikel darüber weiters einen zeitlichen Zusammenhang her: Wenig später, nachdem Goldgruber keine ausreichende Antwort bekam, seien bei der BVT-Razzia ausgerechnet die Daten des Extremismus-Referats beschlagnahmt worden, heißt es.
Das Innenministerium reagierte: Der Aktenvermerk von Gridling sei die Zusammenfassung einer mündlichen Anfrage gewesen. Anlass dafür sei die am 30. Jänner bevorstehende Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats gewesen, in der von der SPÖ im Gefolge der „Liederbuch-Affäre“ ein Antrag zur „rechtsextremistischen Situation in Österreich“ auf die Tagesordnung gesetzt worden war. Weiters wurde festgehalten: Der „Falter“ habe im Zuge der Recherchen nie mit Goldgruber Kontakt aufgenommen. Klenk veröffentlichte daraufhin auf Twitter ein E-Mail einer Interviewanfrage an den Pressesprecher des Innenministeriums, das Ministerium reagierte mit einer Presseaussendung, in der es die „Chronologie der Klenk-Anfragen seit 25. September“ veröffentlichte. Der Inhalt: Mails und Kurznachrichten (SMS) von Klenk im Wortlaut. Und: Es legte Beschwerde beim Presserat ein, dessen „Senat 1“ sich unter der Leitung des früheren EuGH-Richters Peter Jann nun in seiner nächsten Sitzung am 24. Oktober mit der Causa befassen wird.
Liegt ein Gesetzesverstoß vor?
Möglicherweise. Nach der Veröffentlichung der Klenk-Innenministeriums-Konversation überlegte Klenk – abermals auf Twitter -, ob die Publikation rechtens sei. Einige Medienrechtsexperten meldeten sich daraufhin zu Wort, darunter Rechtsanwalt Thomas Höhne. Er erläuterte der „Presse“, dass ein Ministerium Anfragen so einfach nicht veröffentlichen dürfe. Denn: Laut Datenschutzgrundverordnung dürfen persönliche Daten nur publik werden, wenn es eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt oder wenn ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung besteht. Diese sehe er aber nicht. Auch die Medienanwältin Maria Windhager hielt fest: Nicht nur Mailadressen, sondern auch der Inhalt und „der Umstand, dass er überhaupt geschrieben hat“, seien laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schützenswerte Daten, deren Veröffentlichung der Verfasser zustimmen müsste.
(hell)