Mindestsicherung: Oberösterreichs ÖVP und FPÖ setzen auf Türkis-Blau

Symbolbild: Antragsteller um Mindestsicherung
Symbolbild: Antragsteller um MindestsicherungClemens Fabry, Presse
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Der Europäische Gerichtshof hat die oberösterreichische Mindestsicherungsregelung mit Kürzungen für befristete Asylberechtigte gekippt. Landes-ÖVP und -FPÖ nehmen das "zur Kenntnis" und hoffen auf eine bundesweite Reform.

Die oberösterreichische ÖVP und FPÖ nehmen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, der am Mittwoch die seit 2016 dort geltende Mindestsicherungsregelung gekippt hat, zum Anlass für eine bundesweite Reform der Bestimmungen. Das teilten sie in einer gemeinsamen ersten Reaktion am Mittwoch mit. Aus dem damit angesprochenen Sozialministerium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hieß es, man werde das Urteil für der Erstellung eines verfassungskonformen Vorschlags für eine Neuregelung berücksichtigen. Man befinde sich bereits "auf der Zielgeraden".

"Zur Kenntnis genommen." Mit diesen Worten kommentierten ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer und FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr das Urteil des EuGH. Zugleich bekundeten sie, dass sie sich politisch auch weiterhin zu einer Reform der Mindestsicherung, zu mehr Arbeitsanreiz und Leistungsgerechtigkeit bekennen würden. Als nächsten Schritt kündigten sie eine Analyse der Begründung des EuGH an. Immerhin hätten sich verschiedene österreichische Verfassungsjuristen vorab eindeutige für das Landesmodell ausgesprochen.

Die in Oberösterreich seit Juli 2016 geltende "Mindestsicherung Neu" für befristete Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sieht monatlich 560 Euro netto für Einzelpersonen vor: 365 Euro für Verpflegung und Wohnen plus 155 Euro Integrationsbonus plus 40 Euro Taschengeld. Seit 2017 gibt es zudem eine Deckelung mit 1512 Euro monatlich, die eine Haushaltsgemeinschaft erhalten kann egal aus wie vielen Personen sie besteht. Diese wird derzeit vom Verfassungsgerichtshof geprüft.

Opposition sieht ich - in Bund und Land - bestätigt

Die Opposition fühlt sich durch das EuGH-Urteil in ihrer Kritik bestätigt. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sieht nun auch die bundesweite Mindestsicherungsregel, die seiner Aussage nach nächste Woche im Ministerrat beschlossen werden soll, gefährdet: "Nach dem Zwölfstundentag und der Zerschlagung der Krankenkassen droht mit der Neuregelung der Mindestsicherung der nächste Husch-Pfusch dieser schwarz-blauen Regierung."

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker zeigte sich ein wenig überrascht: "Nach der teilweisen Aufhebung des niederösterreichischen Modells durch den Verfassungsgerichtshof ist das bereits der zweite Fall, in dem eine Länderlösung durch ein Höchstgericht gekippt wird." Für Jetzt-Abgeordnete Daniela Holzinger (vormalige Liste Pilz) hat der EuGH "den schwarz-blauen Alleingängen eine eindeutige Absage erteilt".

Erfreut reagierte die Landes-SPÖ. "Der nun vorliegende Entscheid bestätigt im Nachhinein unsere Einschätzung", meinte Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer, die in der Landesregierung für die Mindestsicherung zuständig ist und deren Kürzung stets abgelehnt hat. Sie kritisiert, dass die Regelungen "einen enormen bürokratischen Aufwand" nach sich gezogen habe, so habe beispielsweise das EDV-System umprogrammiert werden müssen. Die erwarteten Einsparungen seien hingegen nicht eingetreten: "Es wurde sogar vorgerechnet, dass sich Oberösterreich damit 70 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 ersparen würde. In Wahrheit wurde nicht einmal ein Bruchteil dieses Betrages erreicht", so Gerstorfer.

Für den grünen Sozialsprecher im Landtag, Stefan Kaineder, "stehen ÖVP und FPÖ vor den Scherben ihrer Symbolpolitik". Auch der Grüne Integrationslandesrat Rudi Anschober sieht sich bestätigt: "Alle unsere Argumente aus der Debatte über die Kürzung der oberösterreichischen Mindestsicherung wurden heute vom EuGH übernommen, alle unsere Warnungen vor Europarechtswidrigkeit wurden von Schwarz-Blau in den Wind geschlagen."

Wien ortet Signal an Bund

"Es wird Zeit um innezuhalten, die eigenen Fehler zu reflektieren und daraus zu lernen", verwies Wiens grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein darauf, dass vor Oberösterreich schon im März das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz aufgehoben worden war - damals allerdings durch den Verfassungsgerichtshof. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass auch die Regelung im Burgenland fallen werde.

Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich verärgert über die Vorgangsweise von Türkis-Blau. Angesichts des jetzigen Urteils sei es umso unverständlicher, "dass der Bund die Expertise der Länder bei der Ausarbeitung einer neuen Mindestsicherungsregelung nicht berücksichtigt". Die Sozialministerin habe für Dezember zwar einen Termin mit den Soziallandesräten angekündigt, "darüber hinaus ist aber noch nichts passiert", kritisierte der Stadtrat.

(APA/Red. )

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