Die Sozialministerin verteidigt den Gesetzesentwurf für die Reform der Mindestsicherung. Und sie betont: "Die Notstandshilfe bleibt Versicherungsleistung." Wie genau das aussehen soll, werde bis Herbst 2019 ausgearbeitet.
Die Bundesregierung hat eine Punktation zur Reform der Mindestsicherung beschlossen. Die Sozialhilfe soll künftig einheitlich 863 Euro betragen. Bei Zuwanderern mit schlechten Deutschkenntnissen sind Kürzungen vorgesehen, für Alleinerziehende und Behinderte gibt es einen Bonus, wie bereits in der Vorwoche mitgeteilt wurde. Seither üben sich Volkspartei und Freiheitliche im Rechtfertigen ihrer Pläne. "Es ist wichtig, Arbeitsanreize zu schaffen", betonte etwa Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mehrfach. Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ) beharrten: "Wir beenden die soziale Kälte der SPÖ."
Letztere legte am Montag in ihrer Verteidigungsrede nach. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem FPÖ-Klubobmann und geschäftsführenden Wiener Parteiobmann Johann Gudenus bekundete sie: "Kinderarmut gibt es mit der neuen Mindestsicherung nicht mehr." Zu behaupten, das dritte Kind erhalte nur mehr 43 Euro, sei etwa falsch, beteuerte sie.
Dies war einer der Punkte, an dem sich zuletzt die Kritik entzündet hatte. Denn künftig werden die Kinderzuschläge anders als bisher mit ansteigender Kinderzahl reduziert. Man müsse jedoch stets die Summe insgesamt betrachten, sagte die Ministerin heute. Addiere man den Gesamtbetrag für Kinder durch drei, ergebe dies für jedes Kind 130 Euro. Rechne man die Familienbeihilfe dazu, liege der Betrag sogar bei 330 Euro, betonte die Ressortchefin. Dazu gebe es Schulstartpakete: "Sie sehen also, von Kinderarmut kann man nicht sprechen."
Single, Paar, Alleinerzieher: Sechs Beispiele zur Mindestsicherung neu
Noch völlig offen ist hingegen, wie die Notstandshilfe künftig geregelt wird. Hier stand eine Abschaffung im Raum. Allerdings bekräftigte Hartinger-Klein am Montag einmal mehr: "Die Notstandshilfe bleibt Versicherungsleistung. Wie das genau aussehen wird, wird bis Herbst nächsten Jahres systematisch genau durchgerechnet."
Die Ministerin kündigte Analysen unter Zuhilfenahme von Algorithmen an: "Ich bitte deshalb, die Details noch abzuwarten."
Ein Treffen zwischen Vertretern von Bund und Ländern solle es am Freitag, 14. Dezember - um 18 Uhr - geben. Hartinger-Klein wies Vorwürfe zurück, sie habe nicht mit den Soziallandesreferenten über den Entwurf der neuen Mindestsicherungsregelung gesprochen.
Gudenus: Modell nicht mit Hartz IV vergleichbar
Der geschäftsführende Wiener FPÖ-Chef Gudenus beteuerte, dass es kein mit dem deutschen Hartz-IV-System vergleichbares Modell geben werde. Die Neuregelung der Mindestsicherung wird sich seiner Ansicht nach vor allem in Wien positiv auswirken. Denn hier habe es beim Vollzug "bisher nie irgendwelche Standards" gegeben. Wien sei ein "Bollwerk" der "rot-grünen Willkommenskultur". Nun stehe aber fest: "Die Österreicher bekommen mehr als vorher."
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kritisiert die "Propaganda" der Regierung bei der Reform der Mindestsicherung. Sozialministerin Hartinger-Klein will bei Menschen mit Behinderung noch nachbessern.
Wiens Ex-Bürgermeister mischt sich in den Streit zwischen der Stadt und der Regierung ein - und kritisiert dabei Sebastian Kurz scharf: "Faktenbasierte Politik war noch nie die Stärke des Kanzlers." Er, Michael Häupl, selbst stehe übrigens "um 5:30 Uhr" auf.
ÖVP-Sozialstadtrat Hohensinner spricht sich für die von der Regierung geplante Reform der Mindestsicherung aus. Von den 8666 Beziehern waren 3185 Kinder und 5481 Erwachsene.
Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig kritisiert die Regierung: "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass immer ein Bundesland herausgezogen wird." Er wolle das nicht mehr widerstandslos hinnehmen.
Faktencheck. Die Regierung kritisiert die Stadt Wien bei der Mindestsicherung, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsentwicklung. Vieles davon ist auf den Großstadtfaktor zurückzuführen.
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