Mindestsicherung: FPÖ kündigt Verfassungsklage gegen Wien an

FPÖ-Klubchef Johann Gudenus kündigte am Montag der Wiener Regierung eine Verfassungsklage an.
FPÖ-Klubchef Johann Gudenus kündigte am Montag der Wiener Regierung eine Verfassungsklage an.(c) APA/HANS PUNZ
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Die Bundeshauptstadt will die Kürzungen bei den Kindern nicht umsetzen. FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein dementiert, dass die Neuregelung zu Kinderarmut führen werde.

Wien. Mit der Neuregelung der Mindestsicherung steuern Bundesregierung und Stadt Wien auf einen Konflikt zu. Wie Sozialstadtrat Peter Hacker am Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ erklärte, werde Wien die gesetzlich vorgesehene Kürzung bei den Kindern nicht umsetzen, um nicht Kinderarmut zu produzieren. Der Gesetzesentwurf der Regierung sieht vor, dass nicht mehr alle Kinder den gleichen Betrag bekommen, sondern dass eine degressive Staffelung eingeführt wird: Ab dem dritten Kind darf es höchstens 43 Euro geben.

Das ist einer der Kernpunkte der neuen Mindestsicherung, bei der es keine Mindestsätze der Sozialhilfe mehr gibt, sondern der Bund den Ländern Höchstgrenzen vorschreibt. Die Länder müssen diese dann in ihren Landesgesetzen umsetzen. Und wenn sie das nicht machen? FPÖ-Klubchef Johann Gudenus kündigte am Montag der Wiener Regierung eine Verfassungsklage an. Hacker habe einen „Rechtsbruch“ angekündigt, darüber müsse dann der Verfassungsgerichtshof entscheiden.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wehrte sich gegen den Vorwurf, mit der Mindestsicherung neu werde Kinderarmut produziert. Es sei falsch zu behaupten, dass das dritte Kind nur noch 43 Euro bekomme. Man müsse die Summe insgesamt betrachten. Bei drei Kindern würde eine Familie immer noch 330 Euro für die Kinder bekommen. Dazu kommen noch 600 Euro Familienbeihilfe sowie einmal jährlich ein Schulstartgeld von 70 bis 100 Euro. „Kinderarmut gibt es mit der neuen Mindestsicherung nicht mehr“, so die Schlussfolgerung der Ministerin.

Bei der zweiten Kürzung, jener für Asylberechtigte, ist am Montag eine Debatte um Deutschkurse entbrannt. Bekanntlich sollen ja Mindestsicherungsbezieher mit schlechten Deutschkenntnissen um 300 Euro monatlich weniger bekommen. Gleichzeitig sinken die Chancen, die Sprache zu erlernen: AMS-Chef Johannes Kopf erklärte im Ö1-„Mittagsjournal“, dass es heuer bereits weniger Geld für Integration gebe und für 2019 kein Sonderbudget des AMS mehr dafür vorgesehen sei. Wenn es in den noch laufenden Gesprächen nicht doch noch zusätzliche Mittel geben sollte, dann „werden wir nicht ausreichend Deutschkurse anbieten können“, sagte Kopf.

Angesichts dessen fordern die Präsidenten von Caritas und Rotem Kreuz, Michael Landau und Gerald Schöpfer, ein flächendeckendes Angebot von Deutschkursen. Damit Menschen überhaupt eine Chance haben, das in der Mindestsicherung geforderte Sprachniveau zu erreichen, muss sichergestellt sein, dass die Deutschkurse in allen Regionen Österreichs auf allen notwendigen Niveaus angeboten werden, forderten Landau und Schöpfer.

Neos für „liberales Bürgergeld“

Indessen haben die Neos ihr Gegenmodell zur Mindestsicherungsreform der Regierung präsentiert. Das „liberale Bürgergeld“ sieht höhere Zuverdienstgrenzen vor, um Menschen rascher in den Arbeitsmarkt zu bringen. Zudem sollen Mindestsicherung und Notstandshilfe zusammengezogen werden, so Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und Sozialsprecher Gerald Loacker.

Das „Bürgergeld“ beruht auf dem Prinzip der negativen Einkommensteuer und orientiert sich an der Höhe der derzeitigen Mindestsicherung. Anspruch hätten jene Personen, die kein oder nur ein geringes Einkommen beziehen. Bis 700 Euro netto bleibt nach dem Neos-Modell die Hälfte des Erwerbseinkommens, darüber sind es 33 Prozent. Die Grenzen sollen mit der Dauer des Bezugs nach und nach sinken: 33 Prozent für bis zu 700 Euro, darüber exakt ein Viertel.

Als fair und chancenorientiert bezeichnen die Neos ihr „liberales Bürgergeld“. Zudem handle es sich um eine echte Reform, die bundesweit greifen soll – ganz im Gegensatz zu jener der Regierung, wie Meinl-Reisinger kritisierte. Diese habe mit ihren geplanten Reformen eine solche Chance versäumt, aber: „Wir freuen uns ja schon, dass das, was jetzt vorgelegt worden ist, nicht verfassungswidrig ist.“ (maf/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2018)

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