NS-Formulare als Klopapier: Was einst im Parlament geschah

Blick auf das Parlament
Blick auf das Parlament (c) Clemens Fabry, Presse
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Was ging im Hohen Haus vor, als der Parlamentarismus außer Kraft gesetzt war und eine Diktatur herrschte? Diese Frage wurde nun in Buchform beantwortet - initiiert wurde das Projekt einst von Barbara Prammer und Doris Bures.

Initiiert wurde die Aufarbeitung der Geschichte des Parlamentsgebäudes in der Zeit von Ständestaat, NS-Diktatur und den Aufbaujahren danachvon der mittlerweile verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) sowie der nunmehr Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures. Nun liegt die entsprechende Publikation dazu vor. "Inbesitznahmen" lautet der Titel des Buches. Verfasst wurde es von den Wissenschafterinnen Verena Pawlowsky und Ina Markova, Projektleiter war Bertrand Perz.

Nachzulesen ist darin - versehen mit zahlreichen Fotos, Dokumenten und Plänen - was in der Zeit, als der Parlamentarismus außer Kraft gesetzt war und eine Diktatur herrschte, in diesem Gebäude sowohl auf realer als auch auf symbolischer Ebene geschah: 1934 als Parlament ausgeschaltet, wurde der Hansen-Bau im März 1938 Sitz des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich und diente später der Wiener NSDAP als Gauhaus.

Skurrile Details

Der Bogen wird aber bis zur ersten Nationalratssitzung nach Abschluss des Wiederaufbaus 1956 weitergespannt und geht detailliert darauf ein, wie das Haus am Ring in der Zweiten Republik von Kriegsschäden befreit, mit einem neuen Nationalratssitzungssaal versehen und wieder Zentrum der parlamentarischen Demokratie wurde. Auch durchaus skurrile Details kommen dabei zutage, wie etwa die Verwendung alter NS-Formulare als Toilettepapier in der Mangelzeit nach dem Krieg.

Erschienen ist der Band bereits Ende Oktober, eine für diese Woche geplante Präsentation wurde wegen des zusätzlichen Plenartags des Nationalrats gestrichen. Die drei Nationalratspräsidenten absolvierten stattdessen einen gemeinsamen Fototermin mit dem Buch in Händen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach dabei laut Parlamentskorrespondenz von einem "wesentlichen Beitrag zur Erhellung dieser Jahre". Bures dankte den Autor/innen für die umfassende Arbeit, und auch von der freiheitlichen Dritten Präsidentin Anneliese Kitzmüller kam eine Leseempfehlung.

Buchhinweis

Bertrand Perz, Verena Pawlowsky, Ina Markova: "Inbesitznahmen - Das Parlamentsgebäude in Wien 1933 - 1956", herausgegeben von der Parlamentsdirektion. Residenz Verlag, 448 Seiten

(APA)

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