Verfassungsschutz

BVT: Hauptbelastungszeugen im Visier der Justiz

Der U-Ausschuss hat mehrere Möglichkeiten, die von Bußgeld bis hin zur zwangsweisen Vorführung durch die Polizei reichen.
Der U-Ausschuss hat mehrere Möglichkeiten, die von Bußgeld bis hin zur zwangsweisen Vorführung durch die Polizei reichen.(c) APA/HANS PUNZ
  • Drucken

Zeugin P. will die Einladung in den U-Ausschuss nicht annehmen - sie könnte vorgeführt werden. Ex-Abteilungsleiter W. sprach von illegaler Datensammlung - er wird beschuldigt, selbst Derartiges angeordnet zu haben.

Wien. Vor einem Jahr waren es die Aussagen von vier Hauptbelastungszeugen, die schließlich zur Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) geführt hatten. Das sagte die führende Staatsanwältin, Ursula Schmudermayer, im parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus.

Diese Hauptbelastungszeugen geraten nun selbst unter Beschuss und sind im Visier von Polizei und Justiz. Zeugin P. wäre für morgen, Dienstag, wieder für den U-Ausschuss geladen. Allerdings verweigerte sie bisher konsequent, die Ladung entgegenzunehmen. Auch ein Bote war erfolglos.

Laut „Presse“-Informationen wurden Telefonanrufe seitens der Parlamentsdirektion sofort abgebrochen. Der U-Ausschuss hat nun mehrere Möglichkeiten, die von Bußgeld bis hin zur zwangsweisen Vorführung durch die Polizei reichen. P.s erster Auftritt sorgte bei den Abgeordneten für Erstaunen. Sie hatte kaum Substanzielles beizutragen, dafür kristallisierte sich allerdings heraus, dass sie selbst durch politische Intervention überhaupt erst zu einem Posten im BVT gekommen war.

Verbotene Listen

Hauptbelastungszeuge W. war Abteilungsleiter im BVT. Er stellte unter anderem in den Raum, dass Daten nicht korrekt gelöscht beziehungsweise illegal kopiert worden sein könnten.

Nun wird W. von einer Zeugin schwer belastet. Sie gibt an, in ihrem Referat eine Liste geführt zu haben, in der Personen nach Staatszugehörigkeit und ihrer Tätigkeit bei einer ausländischen Behörde evident gehalten wurden. Aus einem Mailverkehr geht hervor, dass sie selbst der Meinung war, dass es rechtlich nicht zulässig sei, diese Liste zu führen. Abteilungsleiter W. habe sie aber angewiesen, die Liste weiterzuführen. Und er habe ihr gesagt, sie solle den Dateinamen auf einen „unverfänglichen Namen“ ändern. Die Zeugin gibt an, dem nicht Folge geleistet zu haben.

Trotz dieser Aussage hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bisher keine intensiven Ermittlungen gegen W. angestellt. Dafür liegt gegen ihn eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg vor. W. wird auch als Schreiber jenes anonymen Pamphlets vermutet, das im Sommer 2017 überhaupt erst Anlass für die WKStA war, Ermittlungen aufzunehmen. In dem Papier finden sich etliche Anschuldigungen gegen Beamte des BVT und des Innenministeriums. Die meisten Vorwürfe stellten sich mittlerweile als haltlos heraus. Gegen mehrere Beschuldigte wurden die Ermittlungen darum bereits eingestellt.

Die WKStA hat weiters ein Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, um den Schreiber des Pamphlets ausfindig zu machen. Dieses war per Mail an die Behörde übermittelt worden, man macht sich darum Hoffnung, dass es rückverfolgbar ist. Ein Antwortschreiben der US-Behörden legt nahe, dass dazu tatsächlich Daten vorliegen – die Behörde fragte nach, warum diese Daten begehrt würden. Die WKStA schickte ihrerseits eine Begründung – jetzt heißt es wieder warten.

Alte und neue Zeugen

In der Zwischenzeit geht der Untersuchungsausschuss weiter. Diese Woche wird noch einmal Innenministeriumsgeneralsekretär Peter Goldgruber aussagen sowie einige weniger bekannte Zeugen. Darunter eine Zeugin, die von der Opposition geladen wurde und deren Rolle unklar ist. Sie arbeitete im Innenministerium und war unter anderem für Abschiebungen zuständig. Im Internet fällt sie durch fremdenfeindliche Postings auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Verfassungsschutz

Erste Teile der BVT-Reform passierten Ministerrat

Der Teil der geplanten Reform des Verfassungsschutzes sieht unter anderem eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung von bestehenden und künftigen Staatsschützern vor. Die Rekrutierung soll „objektiver“ werden.
Verfassungsschutz-Affäre

Chat-Protokolle von Gudenus werfen neues Licht auf Rolle der FPÖ in BVT-Affäre

Gudenus schickte den Kontakt jenes Polizisten und FPÖ-Lokalpolitikers, der letztlich die Razzia im BVT leiten sollte, direkt an Kickls Kabinettschef. Gudenus soll außerdem BVT-Mitarbeiter als „gute Leute“ empfohlen haben.
BVT-U-AUSSCHUSS: SCHMUDERMAYER / NOVAK
Verfassungsschutz-Affäre

BVT: Verfahren gegen führende Staatsanwältin soll eingestellt werden

Die Amtsmissbrauchsermittlungen gegen Staatsanwältin Ursula Schmudermayer sollen offenbar eingestellt werden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).
"Die Presse" exklusiv

BVT: Stellvertretender Direktor wird versetzt

Im Innenministerium hat die Verfassungsschutzaffäre nach zwei Jahren erste Konsequenzen: Der mächtige stellvertretende Direktor, Dominik Fasching, wird versetzt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird neu aufgestellt.
Plan

Umfassende Reform des BVT

Das BVT soll in Nachrichtendienst und Staatspolizei aufgeteilt werden, ein Expertenrat hilft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.