Drogen-„Firma“ vor Gericht

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Weil sie eine halbe Tonne Marihuana verkauft haben soll, muss sich eine serbische Drogenbande in Wien verantworten. Die Struktur der Bande erinnert an eine Firma.

Wien. Seit Dezember 2017 bildet Österreichs größter Verhandlungssaal, der Große Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien, die wuchtige Kulisse für den Buwog-Prozess um Karl-Heinz Grasser. Derzeit wird an ebendiesem Ort auch eine völlig andere Strafsache verhandelt: So muss sich in den Buwog-Prozess-Pausen eine ganze Drogen-„Firma“ vor einem Richtersenat verantworten. Auch diese Causa entspricht ganz den Dimensionen des Schwurgerichtssaals.

21 Angeklagte nahmen am Freitag (es war bereits der zweite Verhandlungstag) auf den Bürosesseln Platz, die ursprünglich für Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und Co. eigens in den denkmalgeschützten Saal transportiert worden sind. Rundherum standen und saßen gleich zwei Dutzend Justizwachebeamten – da es sich um (zu bewachende) U-Häftlinge handelt.

Mindestens elf Cannabisplantagen waren ab 2016 in Häusern und Wohnungen in Wien und Niederösterreich errichtet worden. Eine Plantage befand sich zum Beispiel am Strebersdorfer Platz in Wien Floridsdorf. Eine andere in der Donaustadt, nämlich in der Eßlinger Hauptstraße. Weitere Anbauflächen wurden etwa in der niederösterreichischen Stadt Gänserndorf und in Trumau (Bezirk Baden, NÖ) betrieben. Beim Anmieten der Objekte wurden von den dafür eingeteilten Mitarbeitern der „Firma“ falsche Personaldokumente vorgewiesen.

Der 32-jährige Serbe Nemanja R., seinerzeit der Ranghöchste der nunmehrigen Beschuldigten, soll eine funktionierende Achse zwischen Wien und Belgrad aufgebaut haben. In der serbischen Hauptstadt saßen die Hintermänner, laut Anklage allen voran ein gewisser Milos V.
580 Kilogramm Marihuana sollen bisher in Österreich in Verkehr gesetzt worden sein. Eine Menge, die sich aus Hochrechnungen der Ermittler ergibt. Eine Menge, die zu hoch gegriffen sei, wie der Verteidiger von R., Christian Werner, erklärte.

Gärtner und Elektriker im Einsatz

Bevor die Indoor-Cannabisplantagen in Betrieb genommen wurden, waren groß angelegte Umbauarbeiten in den Häusern und Wohnungen durchgeführt worden. Ganze Wände wurden auf eigene Faust eingerissen, um möglichst große Flächen zur Verfügung zu haben.
Die Cannabispflanzen selbst wurden von eigenen Gärtnern gezogen – es handelte sich um Männer, die zum Teil aus Serbien anreisten und in Österreich für ihre Tätigkeit ein fixes Einkommen bekamen. Elektriker kümmerten sich um die Installation von Heizlampen. Für das fachgerechte Abschneiden der Cannabisblätter waren regelrechte Erntehelfer im Einsatz.

Ein Tipp von serbischen Drogenfahndern hatte die österreichische Polizei auf die Spur der „Firma“ gebracht. Diesen Begriff haben sogar einige Beschuldigte verwendet.

„Warum haben Sie von einer Firma gesprochen?“, fragte am Freitag Richter Johannes Varga einen der Angeklagten. Antwort: „Es war wie legale Arbeit auf einer Plantage. Es war schwere, körperliche Arbeit.“ Und: Jeder habe eben seine Aufgabe zu erfüllen gehabt. Zudem wurden Aufzeichnungen über Einnahmen geführt, die den Ermittlern zum Teil in die Hände fielen. Den führenden Mitgliedern der als Drogenvereinigung angeklagten Bande drohen nun bis zu 15 Jahre Haft.

Mit einem Urteil ist frühestens Mitte Februar zu rechnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2019)

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