"Don't Smoke" im Parlament: Alle Experten für Rauchverbot - bis auf einen

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Im Gesundheitsausschuss wird das Nichtraucher-Volksbegehren behandelt. Fachleute zählten überzeugende Beweise für Gesundheitsschäden auf; ein Vertreter der Wirtschaftskammer fürchtet hingegen um Betriebe.

Zur Behandlung des "Don't Smoke"-Volksbegehrens im Gesundheitsausschuss des Nationalrats erfolgen zwei Expertenhearings. Am Dienstag sprach sich beim ersten Meeting die Mehrheit - bis auf einen Wirtschaftskammervertreter - aller Fachleute für ein Rauchverbot in der Gastronomie aus. Zur Prävention von Sucht gehöre auch diese Maßnahme, hieß es.

"Tabakabhängigkeit ist diagnostizierbar. Sie ist das häufigste Suchtverhalten. Bei Jugendlichen kann Abhängigkeit schon innerhalb weniger Wochen auftreten", sagte Lisa Brunner, Leiterin des Instituts für Suchtprävention der Drogenkoordination Wien. Mit 28 Prozent Rauchern unter den 15-Jährigen sei Österreich in dieser Frage unter den Top-Ländern, hieß es bei dem Hearing unter Leitung der Vorsitzenden des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, Brigitte Povysil (FPÖ).

Jeweils um die Hälfte der erwachsenen Raucher habe im Alter unter 18 Jahren damit begonnen. "In der Tabakprävention kann nicht nur das Verhalten der Jugendlichen im Zentrum stehen, auch jenes von Erwachsenen. Der häufigste Platz, wo Jugendliche rauchen, sind Lokale. 95 Prozent geben an, sie rauchen in Lokalen. In Summe geben 83,5 Prozent der Jugendlichen an, in Gemeinschaft mit anderen mehr zu rauchen", sagte die Expertin.

Volkswirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe

Auch der volkswirtschaftliche Schaden ist laut Fachleuten unbestritten. "Im 'New England Journal of Medicine' ist 2013 eine Studie erschienen, die eine Dosis-Wirksamkeitsbeziehung für Lungenkrebs und COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Anm.) beim Rauchen bewiesen hat. Der Konsum von mehr als 20 Zigaretten pro Tag steigert das Risiko für COPD um das 30-fache im Vergleich zu Nichtrauchern", sagte Markus Pock vom Institut für Höhere Studien (IHS), das vergangenes Jahr eine Studie zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Tabakkonsums erstellt hat.

"16 Prozent der Sterbefälle oder 12.840 Todesfälle (im Jahr 2016, Anm.) sind auf das Rauchen zurückzuführen. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens betragen 2,411 Milliarden Euro", sagte der Fachmann.

Bei jährlich um die 1,8 Milliarden Euro Tabaksteuereinnahmen bleibe zumindest ein Minus von 600 Millionen Euro. Dies aber bei einer reduzierten Lebenserwartung bei Rauchenden von um die sieben Jahre. Würde Österreich auf einen Raucheranteil wie Finnland bei den Männern von 14,4 Prozent und 10,9 Prozent bei den Frauen kommen - etwa die Hälfte der österreichischen Raucherquoten (27 Prozent der Männer, 22 Prozent der Frauen) -, könnte sich Österreich im Jahr rund eine Milliarde Euro ersparen. Ein Gastro-Rauchverbot würde, sehr grob geschätzt, mindestens eine Einsparung von 118 Millionen Euro bringen.

"Service für alle Gäste"

Die Gastronomie schaffe mit 58.000 Betrieben und einem Umsatz von 58,8 Milliarden Euro einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 15,9 Prozent, betonte Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich. Es gehe darum, Service für alle Gäste zu bieten. "Es sind Raucher, keine Menschen zweiter Klasse", sagte Pulker.

Bei Neuübernahmen, Neugründungen und Speiselokalen würden die Nichtraucherlokale bereits überwiegen. Lediglich in kleinsten Lokalen, Bars und Nachtklubs gebe es noch viele Raucherlokale. In diesem Bereich verliere man pro Jahr rund hundert Betriebe. "In der Praxis funktionieren die geltenden Regelungen völlig unproblematisch", sagte Pulker. Kein einziger Lehrling hätte sich seit dem Kippen des geplanten Gastro-Rauchverbots beklagt. Nur 14 von 28 EU-Staaten hätten ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie. In Bayern hätten innerhalb der ersten drei Monate nach dem Gastro-Rauchverbot 386 Betriebe geschlossen.

(APA)

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