Ramprecht belastet Ex-Minister Grasser schwer

BUWOG GRASSER PROZESS: AINEDTER / GRASSER / WESS
BUWOG GRASSER PROZESS: AINEDTER / GRASSER / WESSAPA/HANS PUNZ / APA- POOL
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Die Privatisierung der Bundeswohnungen sei ein "abgekartetes Spiel" gewesen, ihm und seiner Familie sei gedroht worden, sagt der frühere Mitarbeiter im Finanzministerium, Michael Ramprecht. Und er zieht einen Vergleich zwischen Grasser und Kanzler Kurz.

Im bislang größten Korruptionsprozess der österreichischen Justizgeschichte, in dessen Zentrum Karl-Heinz Grasser als Hauptangeklagter steht, sind am 81. Verhandlungstag schwere Vorwürfe erhoben worden: Michael Ramprecht, von Februar 2000 bis Juni 2006 Kabinettsmitarbeiter des damaligen Finanzministers schilderte, dass die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften ein „abgekartetes Spiel“ gewesen seien. Mehr noch: Ihm und seiner Familie sei gedroht worden; ein „Weltbild“ sei zusammengebrochen. Doch trotzdem „sitze ich heute hier“, sagte der Kärntner in der Einvernahme durch Richterin Marion Hohenecker.

Der Reihe nach: „Der Minister war für mich ein Heiliger“, schilderte Ramprecht. Dass Grasser ihn zu sich nach Wien ins Ministerium geholt habe, habe er als „große Chance“ gesehen. Mit dem damaligen FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe sich Grasser „ein Match“ geliefert, erzählte Ramprecht: „Für mich hat der Herr Grasser die Zukunft verkörpert und der Herr Haider hat, wie soll ich sagen, schon ein paar Leichen im Keller gehabt und daher habe ich auf den Herrn Grasser gesetzt.“ Konkret: Er sei davon überzeugt gewesen, dass Grasser später einmal so eine Rolle spielen werde, „wie sie jetzt der Herr (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz spielt“.

Emotionsausbruch beim Tennismatch

Durch Grasser habe er auch den (mitangeklagten) Immobilienmakler Ernst Karl Plech kennengelernt und sich mit diesem gut verstanden, sagte Ramprecht. Plech habe ihm „alles, alles erzählt“, er sei geradezu „der Sigmund Freud des Herrn Plech“ gewesen. Er habe auch Tonbandaufnahmen von diversen Unterhaltungen, meinte er kryptisch, die wolle er aber vorerst nicht herausgeben, so der Zeuge.

Als er im Juni 2001 dann in die Bundesbeschaffungsagentur gewechselt sei, sei Ramprechts Verhältnis zu Grasser abgekühlt, dafür sei das Verhältnis zwischen Grasser und Plech intensiver geworden: „Ich war ein bisschen eifersüchtig.“ Letztlich habe man ganz miteinander gebrochen: 2004 hätten Plech und er Tennis gespielt, erzählte Ramprecht. Nachdem Plech verloren habe, sei es sehr emotional geworden. Man sei auf die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften zu sprechen gekommen, als Plech gemeint habe: „Das Ganze ist ja abgekartet, dahinter steht ja der Minister.“ Ramprecht habe mit dem Gang zur Staatsanwaltschaft gedroht, Plech im daraufhin zehn Millionen Schilling „angetragen“, die er abgelehnt habe.

Was mit dem „abgekarteten Spiel“ gemeint war? „Dass (die Investmentbank, Anm.) Lehman Brother gewinnt und dass man den gesamten Prozess bis zum Schluss so beeinflusst, dass der gewinnt, wo man den größten Vorteil hat“, sagte Ramprecht. Es sei ein „System“ gewesen: „Das Ministerium kann jedes Projekt verhindern und daraus kann man Profit schlagen.“ Und in diesem Zusammenhang seien die Namen Grasser, Plech sowie jener des mitangeklagten Lobbyisten Walter Meischberger und des mittlerweile verstorbenen früheren Chefs der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger gefallen – was die vier Genannten vehement bestreiten.

Warum Ramprecht mit alldem nicht zur Polizei ging? Seine Frau, die bis 2004 bei Plech beschäftigt gewesen sei, habe ihm davon abgeraten, sagte Ramprecht. Immerhin habe Plech gedroht, seine Familie „zu vernichten“. 2009, als die Ermittlungen in der Causa Privatisierung begonnen hätten, habe er dann aber die Möglichkeit ergriffen, einem Magazin ein Interview über das „abgekartete Spiel“ zu geben. Kurz darauf habe sich Willibald Berner, einst Kabinettschef im freiheitlichen Verkehrsministerium, bei ihm gemeldet und gesagt: „Michael, das, was du sagst ist die Spitze des Eisbergs, da ist System dahinter und ich kann das nur untermauern.“

Grasser bestreitet die Vorwürfe vehement

Grasser und seine Verteidiger bestreiten die Version Ramprechts vehement: Ramprecht sei bei der Bundesbeschaffungsagentur nicht verlängert worden und wolle sich nun mit derartigen Äußerungen bei seinem einstigen Vorgesetzten rächen. Grasser habe stets auf Transparenz gesetzt, einen von der Anklage unterstellten „Tatplan“, wonach er gemeinsam mit Plech, Meischberger und Hochegger bei Privatisierungen des Bundes habe „mitschneiden“ wollen, habe es nie gegeben.

Fest steht: Auf Ramprechts Interview folgten eine Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, eine Razzia und ein juristischer Schlagabtausch zwischen Grasser und seinem Ex-Mitarbeiter. Aus diesem wurde am Dienstagabend dann ein Schlagabtausch zwischen Grassers Anwalt Manfred Ainedter und Ramprecht. Ainedter versuchte, die Glaubwürdigkeit des Zeugen auf die Probe zustellen, in dem er diesen unter anderem mit einem Artikel konfrontierte, in dem Ramprecht Unregelmäßigkeiten bei einem Immobiliengeschäft unterstellt wurden. Ramprecht konterte, in Summe stimmt dieser Artikel nicht". Weiters führte Ainedter Gesprächsprotokolle zu privaten Vorkommnissen Ramprechts ins Treffen, deren Inhalte der Zeuge als „Lüge" bezeichnete.

Zuletzt setzte Ainedter an, Ramprechts oftmals äußert ungenaues Zeitgefühl zu thematisieren, was der Zeuge folgendermaßen quittierte: „Sie versuchen mich jetzt zu diskreditieren, das ist Ihr Job", es stimme, „mit der Zeit habe ich es nicht wirklich, aber mit der Wahrheit."

Letztlich endete der 81. Verhandlungstag mit einer Verschiebung: Ramprechts Befragung konnte aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit nicht abgeschlossen werden. Er wird eine neue Ladung bekommen - und damit in den Großen Schwurgerichtssaal zurückkehren müssen. Wann genau, ist noch unklar.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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