Ein Dossier von „SOS Mitmensch“ will „Berührungspunkte“ von FPÖ und Identitären aufzeigen. Auch eine Rede des Wiener Neustädter Vizebürgermeister wird genannt. Udo Landbauer sieht keine Notwendigkeit zur Distanzierung.
Nach einem von der NGO „SOS Mitmensch“ veröffentlichten Dossier über 48 Verbindungen von FPÖ-Politikern und -Mitarbeitern zur rechtsextremen Identitären Bewegung gibt es eine erste Reaktion darauf - aus Niederösterreich. Der dortige geschäftsführende FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer sieht kein Naheverhältnis zwischen seiner Landespartei und den Identitären. Eine Distanzierung halte er daher auch nicht für notwendig, sagte er am Mittwoch.
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Unter anderem wurde in dem Dossier auf einen niederösterreichischen FPÖ-Gemeinderat hingewiesen. Der Lokalpolitiker soll im März 2019 sein Profilbild auf Facebook im Design der Identitären mit dem Titel „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ gestaltet haben. Landbauer sagte dazu, er kenne den Politiker persönlich, dieser habe „keinerlei Berührungspunkte mit den Identitären und sicher nichts Verwerfliches getan“.
Landbauer selbst ist seit dem Spätsommer 2018 wieder in der Politik, nachdem er sich nach der NS-Liedgut-Causa bei seiner Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt einige Monate lang aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. Er ist mittlerweile nicht nur auf Landesebene tätig, sondern auch kommunal - als Gemeinderat in Wiener Neustadt.
Schnedlitz: „Liebe Identitäre Bewegung, hier seid ihr herzlich willkommen“
In dem Dossier von „SOS Mitmensch“ wird auch ein Auftritt des FPÖ-Vizebürgermeisters von Wiener Neustadt, Michael Schnedlitz, bei einer Kundgebung im Jahr 2016 erwähnt. Schnedlitz, heute auch Landesparteisekretär, begrüßte damals explizit die Identitären mit den Worten: „Liebe Identitäre Bewegung, ich begrüße euch recht herzlich in Wiener Neustadt! Hier seid ihr herzlich willkommen! Bewegungen wie die Pegida in Deutschland, die sind die Speerspitze, die die Bevölkerung im Kampf gegen die Bundesregierung und gegen dieses System noch brauchen wird.“ Weiter: „Und jeder einzelne Bursch und jedes einzelne Mädel von Euch, die heute hier sind (...), hat mehr Rückgrat und mehr Charakter als diese gesamte Bundesregierung.“
Das Thema der Kundgebung war „Fremd im eigenen Staat", zu den Anwesenden zählten neben Schnedlitz auch Landbauer und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz, wie die „NÖN“ damals berichteten. Die SPÖ forderte damals Schnedlitz' Rücktritt. ÖVP-Vizebürgermeister Christian Stocker sagte damals den „NÖN“: „Die Aussagen vom Kollegen Schnedlitz sind parteipolitisch und stehen in keinem Zusammenhang mit unserem gemeinsamen Engagement für die Zukunft der Stadt.“ Schnedlitz meinte damals den „NÖN“ zufolge auf die Kritik, er lasse sich „von linken Diffamierern nicht vorschreiben, wen ich ins Büro einlade, so lang sich jemand im Rechtsstaat bewegt“. Er ortete den Versuch, eine „Bürgerbewegung zu diffamieren und zu kriminalisieren“, weil sie dem System gefährlich werde.
48 Personen mit „direkten oder indirekten“ Berührungspunkten
Im Hinblick auf das „SOS Mitmensch“-Dossier - Titel: „Dossier zu Verflechtungen zwischen FPÖ und 'Identitären'“, eine Anspielung auf die Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - vermutete Landbauer nun „einseitige Recherche". „Ich frage mich schon, warum 'SOS Mitmensch' nicht die offenkundigen Verbindungen der SPÖ zu den Identitären erwähnt“, sagte Landbauer. Dabei verwies er auf ein Bild, das ein niederösterreichisches Mitglied einer SPÖ-Nachwuchsorganisation bei einer Veranstaltung der Identitären zeigen soll.
Das Dossier zählt unter den Punkten „Beschäftigung von Mitarbeitern mit Kontakten zu den 'Identitären' durch FPÖ-Regierungsmitglieder und hochrangige FPÖ-Politiker“, „Teilnahme von FPÖ-Politikern an 'Identitären'-Kundgebungen“, „Reden von FPÖ-Politikern und -Mitarbeitern bei 'Identitären'-Kundgebungen“, „FPÖ-Politiker und -Mitarbeiter und 'Identitäre' bei rechtsextremen Kongressen“, „Sonstige gemeinsame Veranstaltungen“, „Vermietung von Räumen an die 'Identitären' durch FPÖ-Politiker", „Bewerbung, Verteidigung und/oder Verharmlosung der 'Identitären' durch FPÖ-Politiker und Personen aus FPÖ-Vorfeldorganisationen“ und „FPÖ-nahe und von der FPÖ mitfinanzierte Medien, die mit 'Identitären' sympathisieren“ Berührungspunkte von 48 Personen aus der FPÖ beziehungsweise ihrem Mitarbeiterumfeld mit den Identitären auf. Auch fünf Mitarbeiter aus den FPÖ-Ministerien von Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Innenminister Herbert Kickl, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und Außenministerin Karin Kneissl werden von „SOS Mitmensch“ in dem Zusammenhang genannt.
Strache, der Chef der Freiheitlichen, hatte am Wochenende angekündigt, dass seine Partei „auch in Zukunft keine Überschneidungen“ mit den Identitären haben werde. Kanzler Kurz akzeptierte diese Distanzierung seines Regierungspartners. Hintergrund der Debatte um die rechtsextreme Gruppe war eine Spende des Attentäters von Christchurch an Martin Sellner, seinerseits Obmann der Identitären in Österreich.
>> zum Dossier von „SOS Mitmensch“
>> zum Bericht der „NÖN“ (2016)
(Red./APA)