Treueschwur für Rendi-Wagner und ein Mini-Eklat

Bürgermeister Michael Ludwig (R), SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (Mitte) und EU-Wahl Spitzenkandidat Andreas Schieder
Bürgermeister Michael Ludwig (R), SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (Mitte) und EU-Wahl Spitzenkandidat Andreas SchiederAPA (HERBERT NEUBAUER)
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Michael Ludwig wurde beim Parteitag der Wiener SPÖ mit 90,8 % wiedergewählt. Ein Antrag sorgte für heftige Debatten.

Der eine oder andere Delegierte mag geahnt haben, dass es ein langer Parteitag werden sollte: Pappbecherweise wird schon am frühen Morgen Kaffee in die Halle D der Messe Wien getragen. Gegen die – bei 190 Anträgen möglicherweise zwischendurch auftretende  –Langeweile hat die Wiener SPÖ bei ihrem Landesparteitag am Samstag auch einen Fotoautomaten aufgestellt, der – man kennt es von Weihnachtsfeiern – bei vielen der rund 920 Delegierten sichtlich gut ankommt.

Gruppenfotos, auf denen man sich mit dem Motto des Parteitags fotografieren lassen kann: „Zusammen sind wir Wien“. Der Spruch mag den einen oder anderen an den alten Werbeslogan eines Handynetzanbieters („Zusammen sind wir mehr“) erinnern, am Samstag werden ihn die Genossen zigfach zu hören und sehen bekommen.

Es ist nicht nur der erste papierlose SPÖ-Parteitag (sämtliche Antrage gab es nur digital), es ist auch der erste, bei dem sich Bürgermeister Michael Ludwig seiner Wiederwahl als Wiener Parteichef stellen muss. Auf das Ergebnis musste er bis zum frühen Abend warten: Mit 90,8% wurde Ludwig wiedergewählt, sein Vorgänger Michael Häupl bekam meist mehr als 90 Prozent, zuletzt 2017 aber nur  noch 77,4%. Neu ins Präsidium gewählt wurden die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (83,5%) und Frauenvorsitzende Marina Hanke (92,5%).

Everybody's Darling

Bemerkenswertes Detail: Stadtrat Jürgen Czernhorszky, der nach Häupls Rücktritt ebenfalls als dessen Nachfolger gehandelt worden war, aber als zu jung galt, wurde mit 97,9% und damit deutlich mehr Stimmen als Ludwig (und alle anderen neu oder wieder gewählten Funktionäre.) als einer der Beisitzer des Vorstands bestellt.

Dass die Wahlergebnisse erst nach 18 Uhr verkündet wurde, war vor allem einem Antrag geschuldet, den der Vorstand eingebracht hatte: Der Landesparteitag als größte Veranstaltung der Wiener Landespartei sollte künftig nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Eine neu geschaffene, sogenannte „Wiener Konferenz“ sollte diesen in jedem zweiten Jahr ersetzen. Auch wenn in diesem kleineren Gremium mit „mehreren hundert Teilnehmern“ angeblich alle Organisationen der Partei vertreten sein würden, sorgte der Antrag nicht nur bei der stets parteikritischen Sektion 8 für heftige Kritik.

Damit hatte der Vorstand offenbar nicht gerechnet, die Basis falsch eingeschätzt: Vor dem Parteitag war man offenbar von einer deutlichen Mehrheit für die Statutenänderung ausgegangen. Allein, die Delegierten spielten ganz und gar nicht mit. Nicht nur, weil sie besagten Statutenantrag 9.19 erst zwei Tage vor dem Parteitag per Mail – und damit sehr kurzfristig – erhalten hatten. Zahlreiche Delegierten meldeten sich am Nachmittag zu Wort und sprachen sich sehr deutlich gegen die Änderungen aus. Tenor: Das Mitspracherecht der Basis wäre gefährdet, „die SPÖ würde „noch mehr zu einer Funktionärspartei“ (Sektion 8). Mehrere Sektionsvorsitzende fanden in dem Antrag „Ungeheuerlichkeiten“, orteten „einen massiven Diskussionsbedarf“, eine „Entmachtung der Sektionen“  und forderten, den Antrag von der Tagesordnung zu streichen.

Dem kam man, da ein Ende des Widerstands nicht absehbar war und das Ergebnis wohl äußerst peinlich für den Vorstand ausgefallen wäre, auch nach: Der Antrag wurde schließlich zurückgezogen.

Bis zu diesem Mini-Eklat war der Parteitag eigentlich in guter Stimmung verlaufen. Gleich zu Beginn sollte ein von pompöser Blockbuster-Musik unterlegtes Video die Delegierten einstimmen. „Zusammen“, wird da verkündet, „sind wir die stärkste Stadtpartei der Welt.“

Keine Frage, Parteitage mögen die Übertreibung – und die Inszenierung: Als Michael Ludwig und Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner, gefolgt von den EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder und Evelyn Regner, in die Halle einziehen, werden sie von Katy Perrys „Firework – nicht eben leise – akustisch begleitet. Als erster Redner des Tages spricht Ludwig mehr als eine Stunde lang, holt wenig überraschend zu einem sehr langen Rundumschlag gegen die türkis-blaue Bundesregierung aus.  Es dürfe keine Toleranz gegen Neofaschismus und Rechtsextremismus geben. Der Bundesvorsitzenden sicherte Ludwig seine Unterstützung zu. Das von Rendi-Wagner angekündigte Bestreben, gegen das Sozialhilfegesetz der Regierung über eine Drittelbeschwerde im Bundesrat eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof einzubringen, unterstütze die Wiener Partei. „Da kannst du dir sicher sein, Genossin Rendi-Wagner. Wir stehen da an deiner Seite. Wie auch in allen anderen Fragen.“ Für die EU-Wahl gibt sich Ludwig hoffnungsvoll: „Wir kämpfen in Wien um den ersten Platz“.

Auf Ludwig folgt am Rednerpult Rendi-Wagner. Auch sie übt harte Kritik an der Regierung und zählt deren „Vergehen“ auf: Zwölf-Stunden-Tag, 1,50-Euro-Jobs, Kürzungen beim AMS. Im Hinblick auf die EU-Wahl nennt sie den „wachsenden Rechtsnationalismus und Populismus“ eine „Seuche“. Auch sie versicherte Ludwig ihrer vollsten Unterstützung für die Wien-Wahl 2020. „Diesen Weg werden wir gemeinsam gehen, Seite an Seite.“        

(mpm)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2019)

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