Steuerreform entlastet Geringverdiener

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wird am Dienstag mit Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) und der Regierungsspitze (Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache) die Steuerreform präsentieren.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wird am Dienstag mit Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) und der Regierungsspitze (Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache) die Steuerreform präsentieren.APA/HERBERT NEUBAUER
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Vor allem kleinere Einkommen profitieren von der Steuerreform. Unternehmen werden schrittweise ab 2022 entlastet.

Wien. Sie ist das Meisterstück dieser Koalition: die Steuerreform, die am Dienstag offiziell präsentiert wird. Um 8,3 Milliarden Euro (inklusive Familienbonus, der seit heuer gilt) will die Regierung die Österreicher pro Jahr entlasten. So viel war schon gestern im Vorfeld klar: von der Reform profitieren vor allem Geringverdiener, sowohl bei der Lohnsteuer als auch bei den Sozialversicherungsabgaben. So sinkt die erste Steuertarifstufe (bis 18.000 Euro brutto pro Jahr) von aktuell 25 Prozent auf die schon zuletzt oft kolportierten 20 Prozent.

Insgesamt kommen etwa 75 Prozent der Entlastungen direkt dem Arbeitnehmer zugute, wie es in einem Regierungspapier heißt. Das seien etwa fünf Milliarden Euro. Im Gegensatz zur letzten Steuerreform 2015/16 von der damaligen SPÖ/ÖVP-Koalition werden diesmal auch die Unternehmen entlastet: Die Körperschaftsteuer (KöSt) auf Gewinne sinkt in zwei Schritten von 25 auf 21 Prozent. Zuerst 2022 auf 23 Prozent, nach der Wahl dann auf 21 Prozent. Das bringe den Firmen etwa 1,5 Milliarden Euro.

Auch für Kleinbetriebe soll es nach dem Koalitionsplan Entlastungen geben, nämlich eine erleichterte Steuerpauschalierung, Erleichterungen bei der Absetzbarkeit von Arbeitszimmern sowie (in zwei Schritten) eine Ausweitung der Grenze für die Absetzung geringwertiger Wirtschaftsgüter von 400 auf 1000 Euro. Außerdem geplant, wie „Die Presse“ bereits berichtete: die Möglichkeit für Unternehmen, bis zu zehn Prozent ihres Gewinns steuerfrei an Mitarbeiter auszuschütten (maximal 3000 Euro pro Person und Jahr).

Wirtschaftswachstum ankurbeln

Die nun von der Regierung angekündigte Reform wird in mehreren Schritten nach und nach bis 2022 umgesetzt. Manche Maßnahmen, wie etwa die Senkung der KöSt und die Abschaffung der kalten Progression (schleichende Steuererhöhung durch die Nichtanpassung der Tarifstufen an die Inflation), treten erst 2023 in Kraft, also nach der nächsten Nationalratswahl.

In einem ersten Schritt werden im kommenden Jahr die Sozialversicherungsbeiträge für Bezieher von kleinen Einkommen angepasst. Bereits mit Juli 2018 hat die Regierung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für jene Personen gesenkt bzw. völlig gestrichen, deren monatliches Gehalt zwischen 1381 und 1948 Euro brutto liegt. Ähnliches ist nun für die Beiträge zur Krankenversicherung geplant.

Mit diesem Schritt wollen ÖVP und FPÖ auch das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Denn das Geld, das die Bezieher kleinerer Einkommen mehr haben, fließt nach Ansicht von Wirtschaftsforschern zum größten Teil in den Konsum.

In einer zweiten Etappe kommt es dann zur Anpassung der Tarifstufen. Gesenkt werden allerdings nur die ersten drei Stufen (bis zu einem Bruttoeinkommen von 60.000 Euro pro Jahr). Von dieser Senkung profitieren aber auch automatisch höhere Einkommen, für die es bei einer Steuer von 48, 50 und 55 Prozent (für Einkommen von mehr als einer Million Euro) bleibt. Nach der Senkung sollen die neuen Steuerstufen 20, 30 und 40 Prozent (statt bisher 25, 35 und 42 Prozent) betragen.

700 Euro mehr bei 2500 Euro Gehalt

Laut einer Rechnung in dem Regierungspapier bleiben einer Person mit einem Monatseinkommen von 1200 Euro brutto künftig pro Jahr 300 Euro mehr, bei 1500 Euro Einkommen sind es 500 Euro, bei 2500 Euro beträgt die Entlastung 700 Euro pro Jahr und bei 3500 Euro brutto pro Monat sind es 1100 Euro.

Kritik im Vorfeld der Präsentation der Steuerreform kam gestern von der Opposition. Die SPÖ bemängelte die Senkung der Körperschaftsteuer, die Regierung beteilige sich damit „am ruinösen europäischen Steuerwettbewerb nach unten, anstatt sinnvolle Maßnahmen zu setzen“, hieß es in einer Aussendung.

Jetzt-Klubchef Bruno Rossmann hat am Montag zwar die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für Geringverdiener gelobt, vermisst aber eine „echte Ökologisierung“. Auch lasse die Treffsicherheit „bei der dringend nötigen Entlastung der Arbeitseinkommen“ zu wünschen übrig.

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn bemängelte, dass es nicht stärkere Entlastungen für Unternehmen gebe. Zudem lasse die stückchenweise Bekanntgabe der Reform seit dem Wochenende befürchten, dass „der große Wurf einmal mehr ausbleiben wird“.

(rie/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2019)

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