Die von Ex-Minister Grasser etablierte Auswahlkommission rund um den Verkauf der Bundeswohnungen habe beratenden Charakter gehabt, sagt der Zeuge: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir etwas auswählen."
Am 91. Verhandlungstag im Korruptionsprozess um angebliche Bestechungsgelder rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 wurde am Dienstag ein Rechtsanwalt als Zeuge einvernommen. Er bekundete, als Anwalt in der vom damaligen Finanzminister und heutigen Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser etablierten Auswahlkommission rund um den Verkauf der Gesellschaften (u.a. Buwog) beratend tätig gewesen zu sein: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir etwas auswählen."
Als ihn Richterin Marion Hohenecker mit der Aussage von Gerhard Steger, Ex-Chef der Budgetsektion im Finanzministerium, konfrontierte, der die Kommission als aufgeblasenes, aber zahnloses Gremium ("zum Krenreiben") bezeichnet hatte, lachte der Zeuge. Das komme eben auch auf die Erwartungen an, die man an eine solche Kommission habe, meinte er. Seine Erwartung sei gewesen, dass beihilferechtlich "nix passiert", diese Erwartung habe sich erfüllt. Als "Feigenblattfunktion" habe er das Ganze aber nicht empfunden.
Bei der letzten Kommissionssitzung, die vom 8. auf den 13. Juni 2004 verlegt worden war, war der Zeuge nicht dabei. Damals lagen die Angebote aus der zweiten Runde, des "Last and Final Offer", vor. Auch bei einer Sitzung im Gelben Salon des Finanzministeriums am 7. Juni, als laut bisherigen Aussagen eine zweite Runde beschlossen wurde, war er nicht anwesend.
Einen Einfluss von Grasser auf die Auswahlkommission habe er nicht wahrgenommen, meinte der Anwalt. In der Kommission seien aber mehrere Spitzenbeamte des Finanzministeriums gesessen. "Die Meinung des Ministeriums ist für mich das, was mir der jeweilige Ministerialrat sagt".
Die Vorwürfe auf einen Blick
Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?
Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.
Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.
(APA/Red.)