Stellvertretender Parteichef – ein Job ohne Aufgabe

Bettina Glatz-Kremsner hat ihre Funktion als stellvertretende Parteichefin der ÖVP zurückgelegt.
Bettina Glatz-Kremsner hat ihre Funktion als stellvertretende Parteichefin der ÖVP zurückgelegt. (c) Clemens Fabry
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Bettina Glatz-Kremsner ist als stellvertretende ÖVP-Chefin zurückgetreten. Aufgefallen ist die Casinos-Chefin in dieser Funktion allerdings nicht. Auch in anderen Parteien spielen die Stellvertreter keine große Rolle.

Wien. Die neue Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner hat ihre Funktion als stellvertretende Parteichefin der ÖVP zurückgelegt. Was die Frage aufwirft: Welche Rolle spielen eigentlich die Stellvertreter des ÖVP-Chefs? Nach außen hin gar keine. Glatz-Kremsner hat sich in den zwei Jahren, die sie diese Funktion innehatte, politisch kaum zu Wort gemeldet. Und auch von ihren beiden Kolleginnen Veronika Marte und Barbara Eibinger-Miedl sind keinerlei bundespolitische Aussagen überliefert. Marte ist Landtagsabgeordnete in Vorarlberg, Eibinger-Miedl Landesrätin in der Steiermark.

Einzig der vierte in der Stellvertreterriege von Sebastian Kurz ist medial präsent. Das allerdings in einer anderen Funktion: Thomas Stelzer gehört als oberösterreichischer Landeshauptmann zu den politischen Schwergewichten in der Volkspartei.

Mit der Wahl der Stellvertreter sei es darum gegangen, „die Breite der Bewegung“ abzubilden, heißt es in der Parteizentrale der ÖVP. Also eine rein formale Funktion ohne reale Bedeutung? So will man das in der Volkspartei nicht sehen. Die Stellvertreter seien Mitglieder des Vorstandes und würden sich dort einbringen. Und sie seien ein verbindendes Element zwischen der Bundespartei und ihren jeweiligen Organisationen, also etwa der Vorarlberger Landespartei.

Dass nicht unbedingt die politischen Schwergewichte Stellvertreter werden, hat in der ÖVP übrigens Tradition. Eine Ausnahme gab es in der letzten Periode: Da hatte Parteichef Reinhold Mitterlehner einen Stellvertreter, mit dem er – wie man inzwischen weiß – letztlich wenig Freude hatte: Sebastian Kurz.

17 Stellvertreter in der SPÖ

Wie sieht es in den anderen Parteien aus? SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat gleich 17 Stellvertreter, darunter die wichtigen Player in der Partei wie Michael Ludwig, Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser, aber auch eher unbekannte, wie Astrid Eisenkopf (sie ist burgenländische Landesrätin) und Elvira Schmidt (Landtagsabgeordnete in Niederösterreich). Die Funktion dürfte auch in der SPÖ eher eine formale sein, die Partei präsentiert ihre stellvertretenden Vorsitzenden nicht einmal auf der eigenen Homepage.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat fünf Stellvertreter, übrigens lauter Männer. Mit Norbert Hofer, Manfred Haimbuchner und Johann Gudenus sind die wichtigsten potenziellen Nachfolger in die Parteispitze eingebunden. Das gilt auch für die Neos, wo Nikolaus Scherak und Sepp Schellhorn Beate Meinl-Reisinger vertreten, und für die Grünen, wo Werner Kogler Nina Tomaselli und Stefan Kaineder zu seinen Stellvertretern gemacht hat.

Ein Sonderfall ist die Liste Jetzt: Dort ist der stellvertretende Parteichef, Peter Pilz, der eigentliche Chef.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2019)

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