Buwog-Prozess: Kärntner Wohnungen waren "ungeliebtes Kind"

Der Angeklagte Karl-Heinz Grasser und die Anwälte Norbert Wess und Manfred Ainedter
Der Angeklagte Karl-Heinz Grasser und die Anwälte Norbert Wess und Manfred Ainedter APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

"Wir waren beratermäßig vollständig aufgestellt", sagt der Ex-Prokurist der RLB OÖ. Peter Hochegger habe er nicht als Berater des „Österreich-Konsortiums" wahrgenommen.

Am 97. Verhandlungstag im Korruptionsprozess um die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog, ESG Villach, WAG Wohnungsanlagen GmbH und EBS) ist am Mittwoch der damalige Prokurist der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) im Zeugenstand befragt worden. Er betonte dabei, keine Wahrnehmungen zum Verhältnis des damaligen Finanzministers und heutigen Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser zum nunmehrigen Zweitangeklagten, Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, zu haben. Den ebenfalls mitangeklagten Ex-Lobbyisten Peter Hochegger kenne er nur aus den Medien.

Nicht wahrgenommen haben will der einstige Prokurist eine politische Intervention etwa aus dem Bundesland Kärnten, das ja ein Vorkaufsrecht an den Eisenbahnerwohnungen ESG Villach hatte.Sehr wohl hingegen, dass die ESG ein "ungeliebtes Kind" gewesen sei, an dem das siegreiche Bieterkonsortium aus RLB OÖ und Immofinanz eigentlich gar nicht interessiert war. Zur Erklärung: Die Staatsanwaltschaft wirft Grasser und anderen vor, Schmiergeld im Zusammenhang mit der Privatisierung erhalten zu haben - was Grasser und Meischberger bestreiten, Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.

Pressearbeit war Scharingers "Steckenpferd"

Zu seiner eigenen Rolle sagte der Zeuge, er sei bei der RLB OÖ als Ansprechpartner im letztlich siegreichen "Österreich-Konsortium" tätig: "Meine Rolle war schwerpunktmäßig eine koordinierende Rolle." Dabei sei er aber dem (nun mitangeklagten) Ex-RLB OÖ-Banker Georg Starzer untergeordnet gewesen sowie dem mittlerweile verstorbenen, damaligen Ex-RLB OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger. Letzterer war im Prozess ebenfalls als Beschuldigter geführt worden.

Mit Pressearbeit habe sich bei der RLB OÖ die Presseabteilung befasst, außerdem sei das ein "Steckenpferd" Scharingers gewesen, schilderte der Zeuge. Die RLB OÖ sei zwar schon Konsortialführer gewesen im Bieterkonsortium, allerdings habe die Immofinanz 56 Prozent und die RLB OÖ nur etwas über 20 Prozent im Konsortium gehabt. Daher habe man sich immer mit der Immofinanz abgestimmt.

Berater oder Nicht-Berater?

Starzer habe ihm im Bieterverfahren, vermutlich im Mai 2004, einmal erzählt, dass sich Hochegger als Berater beim angestrebten Kauf der Bundeswohnungen angeboten habe. "Wir waren damals beratermäßig vollständig aufgestellt", sagte der Zeuge. Seiner Wahrnehmung nach sei Hochegger daher kein Berater für das Österreich-Konsortium geworden.

Allerdings: Hochegger hatte von der Immofinanz ein Erfolgshonorar von einem Prozent des Kaufpreises der Bundeswohnungen - rund 9,6 Millionen Euro - erhalten. Laut Hochegger kamen die Informationen, die er der Immofinanz weitergab, von Meischberger. Dieser will die Informationen wiederum vom verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) bekommen haben, die Staatsanwälte orten hingegen Grasser als Tippgeber.

Der Zeuge sagte heute weiters aus, dass die Berater des Finanzministeriums, Lehman Brothers, zu Beginn des Bieterprozesses im Jänner 2004 signalisiert hätten, dass das bisher am Tisch liegende Angebot zu wenig sei. Der Zeuge vermutete heute dahinter den Versuch, lokale Anbieter an Bord zu haben. Wobei aber, wie er auf Nachfrage von Richterin Marion Hohenecker sagte, letztendlich für den Zuschlag bei der Privatisierung nur der Kaufpreis entscheidend war.

Morgen, Donnerstag, ist das Gegenüber des heutigen Zeugen beim Konsortialpartner Immofinanz geladen. Auch für diese Zeugin ist ein ganzer Tag reserviert. Nachdem die letzten drei Verhandlungstage wegen der Erkrankung eines Schöffen abgesagt wurden, waren heute wieder alle sechs Schöffen anwesend. Nicht im Gericht sind heute jene Angeklagten, die sich in den mitangeklagten Causen "Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower Linz" und der Parteispenden der Telekom Austria verantworten müssen. Diese Causa wird momentan nicht verhandelt.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

„Habe immer zum Wohl der Republik gehandelt“: der Angeklagte Karl-Heinz Grasser (r.) mit Anwalt Manfred Ainedter.
Buwog-Prozess

Grassers Schlussworte: „Nichts Unrechtes getan“

Am 168. Verhandlungstag sprachen Karl-Heinz Grasser und Co. ihre Schlussworte. Damit fiel der Startschuss für die länger dauernden Beratungen des Richtersenats.
Buwog-Prozess

Grasser: "Immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt"

Er sei unschuldig und hoffe auf ein "gerechtes Urteil“, sagt der Ex-Finanzminister am letzten Hauptverhandlungstag im Buwog-Prozess.
Grasser-Anwalt Norbert Wess: "Wenn die WKStA schon mich gerne beleidigt, sollte sie berücksichtigen, dass sie auch das Gericht lächerlich macht."
Buwog

„Es kann nur einen Freispruch geben“

Im Buwog-Prozess rechneten die Ankläger zuerst mit Karl-Heinz Grasser ab, nun fordern die Verteidiger einen Freispruch.
Manfred Ainedter und Karl-Heinz Grasser
Buwog-Prozess

Plädoyer: Grasser wurden "beste Jahre seines Lebens genommen"

Anwalt Manfred Ainedter fordert für Ex-Minister Karl-Heinz Grasser einen Freispruch von allen Anklagepunkten. Zeugen hätten vor Gericht gelogen, die Staatsanwälte falsch gehandelt.
Die Ankläger Alexander Marchart und Gerald Denk.
Schlussplädoyers

„Grasser hat kassiert, er ist schuldig“

Buwog-Prozess: Die Plädoyers der beiden Oberstaatsanwälte gerieten zu einer unerbittlichen Abrechnung mit Karl-Heinz Grasser. 2,5 Millionen Euro Bestechungsgeld habe der seinerzeitige Finanzminister in seine eigene Tasche fließen lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.