Der ÖVP-Chef beklagt „Diffamierungen aus der allertiefsten Schublade“. Die SPÖ wirft ihm vor, sich absichtlich in die „Opferrolle“ zu begeben.
Der Nationalratswahlkampf nimmt immer mehr Fahrt auf. Es dürfte eine besonders harte und schmutzige Auseinandersetzung der politischen Gegner bevorstehen. Die vergangenen Tage haben dabei bereits einen Vorgeschmack geliefert. Denn während sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz über „Grauslichkeiten“ beschwert, wirft ihm die SPÖ vor, sich absichtlich in die „Opferrolle“ zu bringen.
Die vergangene innenpolitische Woche war vor allem von Berichten über die Schredder-Affäre geprägt, bei der ein Ex-Kanzleramtsmitarbeiter fünf Festplatten unter falschem Namen zerstörte. Zu diesen für die ÖVP wenig vorteilhaften Schlagzeilen gesellten sich aber auch einige schmutzige Gerüchte. So kündigte ein selbsternanntes Rechercheinstitut mit dem Namen „Zoom“ Anfang der Vorwoche Aufklärung über das sogenannte „Bro-Netzwerk“ an. Gemeint waren damit Berichte über Sebastian Kurz und seinen Freund und Unternehmer Martin Ho. In den Berichten wurden Drogenkonsum und Korruption unterstellt.
Mitte der Woche veröffentlichte Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer dann ein ihm zugespieltes E-Mail, das Korruption bei der ÖVP nahelegte. Die ÖVP bestritt die Echtheit des Mails, stellte rechtliche Schritte in Aussicht. Am Samstag lenkte die Volkspartei dann selbst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf eine weitere Schmuddelseite. Auf dieser wird der Ex-Kanzler bezichtigt, in den 1990er-Jahren als Kinderpornodarsteller tätig gewesen zu sein.
„Persönliche Zeilen“ auf Facebook
Einen Tag später, am Sonntag, meldete sich Sebastian Kurz „mit ein paar persönlichen Zeilen“ auf Facebook selbst zu Wort. Die letzten Tage hätten „das Ausmaß an Grauslichkeit deutlich gemacht, das dieser Wahlkampf mit sich bringen wird“, schrieb der Parteichef und erinnerte an die „Schmutzkübel-Kampagne eines SPÖ-Beraters“ im Wahlkampf 2017. Den Namen Tal Silberstein, der damals für das Dirty-Campaigning durch die SPÖ verantwortlich war, nannte er nicht. Kurz hatte diesen zuletzt auch des Öfteren in einem Atemzug mit dem Ibiza-Video genannt. Das wurde ihm durch eine einstweilige Verfügung untersagt. Er darf die SPÖ in Bezug auf das Ibiza-Video nicht beschuldigen, wurde vom Wiener Handelsgericht entschieden.
„Von links und von rechts hagelt es fast täglich neue Untergriffe, Diffamierungen und Dreck aus der allertiefsten Schublade“, schrieb der ÖVP-Chef auf seiner Facebook-Seite und verwies auf gefälschte E-Mails, den Dornauer-Post, die „Zoom"-Recherchen und die Schmuddelseite. „Ist es diese Politik, die wir haben wollen? Wo Politiker auf tiefster Ebene in den Dreck gezogen werden“, fragte er rhetorisch. Es werde „nichts unversucht gelassen, uns und damit unseren Weg für dieses Land aufzuhalten“, meinte der Ex-Kanzler, der seine Mitstreiter bat, „gemeinsam Farbe zu bekennen, in Gesprächen oder in sozialen Netzwerken“. Denn ansonsten würden am Ende jene jubeln, „die derzeit mit allen Mitteln gegen uns kämpfen“. Womit der politischen Konkurrenz indirekt unterstellt wurde, hinter den zuletzt online erhobenen Vorwürfen zu stecken.
SPÖ: „Wie tief sinkt die ÖVP gerade?“
Die erboste Reaktion der SPÖ ließ nicht lange auf sich warten. "Wie tief sinkt die ÖVP gerade? Kurz bewirbt auf Facebook Inhalte von Schmutzseiten gegen sich selbst, nur um skrupellos den Verdacht auf politische Mitbewerber zu lenken“, schrieb SPÖ-Wahlkampf-Manager Christian Deutsch auf Twitter. Und weiter: Kurz habe das Ziel, „sich in die Opferrolle zu bringen“.
(j.n.)