Der frühere Sozialminister und ÖGB-Chef verstarb unerwartet im Alter von 67 Jahren auf der kroatischen Ferieninsel Brač.
Rudolf Hundstorfer ist tot. Der frühere Präsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und Ex-Sozialminister ist am Dienstag im Urlaub auf der kroatischen Insel Brač verstorben.
Er erlag vermutlich einem Herzinfarkt. Die genauen Umstände seines Todes wurden nicht kommuniziert.
Erst am Dienstag vergangener Woche absolvierte er seinen letzten öffentlichen Auftritt als Präsident der Volkshilfe Wien. Ebenfalls bis zu seinem Tod tätig war der in dritter Ehe verheiratete Vater einer Tochter als Präsident der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO).
Die SPÖ Wien bestätigte Hundstorfers Tod in einer Aussendung. Man trauere um den langjährigen Gewerkschafter und Sozialminister, der ein politisches Erbe hinterlasse, „auf das die Sozialdemokratie zurecht stolz sein kann“. Er habe neben politischer Kompetenz „ausgleichendes Geschick“ besessen: Die Sozialdemokratie verliere mit Hundstorfer „eine Persönlichkeit, die sich durch ihre Fähigkeit zur Vermittlung über alle Parteigrenzen hinweg auszeichnete und immer ganz im Stil eines wahren Staatsmannes agierte“. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und die Landesparteisekretärin, Barbara Novak, drückten Hundstorfers Familie ihre tief empfundene Trauer aus.
Ein umgänglicher und heiterer Mensch, der mit allen reden konnte, mit Arbeiterinnen und Arbeitern genauso wie mit Spitzenpolitikerinnen und -politikern: So beschreibt Bundespräsident Alexander Van der Bellen Rudolf Hundstorfer. Der langjährige Gewerkschafter und Ex-Sozialminister ist am 20. August 2019 unerwartet verstorben. (c) REUTERS (Herbert Neubauer)
Der Wiener führte jahrzehntelang ein unauffälliges, wenngleich sehr erfolgreiches Dasein im Rathaus. Dort, wo er als Kanzleimitarbeiter begann, stieg r die Karriereleiter hinauf bis an die Spitze der Belegschaftsvertretung, wo er dafür sorgte, dass gegen seinen Willen kaum eine Reform im Magistrat durchzuführen war. Die Rathaus-Mitarbeiter danken es ihm angesichts günstiger Regelungen etwa im Pensionsrecht bis heute. Im Bild (v. l.): Ex-SPÖ-Frauenministerin Johanna Dohnal, SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter, die damalige SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures und Hundstorfer bei der Nationalratswahl 2006 APA/HANS KLAUS TECHT
Hundstorfer betrat die große Bühne der österreichischen Öffentlichkeit dann 2006, als er zum Präsidenten des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) gewählt wurde. Die große Karriere begann für ihn als Krisenmanager. Das Bawag-Desaster hatte ihn unverhofft an die Spitze des ÖGB gespült. Im Bild (v. l.): der damalige Bundeskanzler, Alfred Gusenbauer (SPÖ), der damalige Bundespräsident, Heinz Fischer, und Hundstorfer 2006 beim ÖGB-Bundeskongress (c) Roland Schlager/APA
Zu lachen hatte der Wiener - im Bild mit dem damaligen Bawag-Generaldirektor, Ewald Nowotny (l.) - dort anfangs wenig. Als Krisenmanager beim ÖGB fand Hundstorfer, davor jahrzehntelang in der Wiener Stadtpolitik erfolgreich tätig, seine große Rolle: Der stetige Leidensblick des sonst eher fröhlichen Präsidenten, der Hiobsbotschaft um Hiobsbotschaft zu verkünden hatte, wurde zur Miene der Bawag-Krise. (c) REUTERS (Heinz-Peter Bader)
Hundstorfer wurde zum Sanierer der Gewerkschaft. Er hielt dabei das schlingernde Boot, unterstützt vor allem von seinem späteren Nachfolger Erich Foglar, über Wasser und der ÖGB fuhr wieder in ruhigere Gewässer. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Spätestens jetzt hatte Hundstorfer den Ruf eines Machers. Als SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann rief, sagte Hundstorfer kurz entschlossen ja und übernahm das Sozial- und Arbeitsministerium. Diesen Posten hielt er von 2008 (im Bild l. bei seiner Angelobung mit Bundespräsident Fischer). (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Seine Ressortführung zeichnet sich in erster Linie durch Pragmatismus aus. Hundstorfer macht als Sozialminister das, was er in den eigenen Reihen durchbekommt. Im Bild: Hundstorfer (l.) mit Faymann im Nationalrat (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Folgerichtig haftet ihm nicht unbedingt der Ruf des Reformers an, doch hat er immerhin unter anderem eine vorübergehende Sicherung der Pflegefinanzierung und eine gar nicht so kleine Pensionsreform auf der Haben-Seite. Im Bild: Hundstorfer und die damalige Finanzministerin, Maria Fekter (ÖVP), im Nationalrat (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Sein anfängliches Atout, die Stabilität des österreichischen Arbeitsmarkts in der Krise, ging mit der Zeit freilich verloren - Monat für Monat hatte der Sozialminister steigende Arbeitslosen-Zahlen zu vermelden. (c) REUTERS (Heinz-Peter Bader)
Der damalige Wirtschaftskammerpräsident, Christoph Leitl (r.), strich allerdings anlässlich des Ablebens Hundstorfers dessen Leistungen während der Krise hervor. Als damaliger Sozialminister habe Hundstorfer einen großen Anteil daran, dass Österreich die große Krise von 2008 und 2009 ohne massenhafte Kündigungen überwinden habe können. Dafür sei er ihm auch heute noch „unendlich dankbar“. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Hundstorfer galt innerhalb der SPÖ-ÖVP-Regierung als Brückenbauer und ausgleichender Faktor. Die parteilose Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein würdigte ihn posthum mit den Worten, Hundstorfer habe „im Sinne der Sozialpartnerschaft das Miteinander gestärkt“. (c) REUTERS (Herwig Prammer)
Wegbegleiter zeichnen ein Bild von Hundstorfer, das ihn als geraden, menschenfreundlichen Politiker zeigt. „Rudolf Hundstorfer hat die Menschen gemocht und die Menschen ihn“, sagte Thomas Drozda, SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Jörg Leichtfried, stellvertretender Klubchef der SPÖ, formulierte es so: „Seine Kraft und Stärke, sein typischer Wiener Schmäh, seine Solidarität werden fehlen.“ (c) Clemens Fabry
Hundstorfer war dabei auch ein großer Entertainer. Hier singt er mit der späteren Gesundheitsministerin, Sabine Oberhauser (SPÖ), bei einer Benefizveranstaltung der Cliniclowns. Oberhauser verstarb 2017. Die Presse/Mirjam Reither
Die Regierung verließ Hundstorfer 2016 - um für die SPÖ in den Bundespräsidentenwahlkampf zu ziehen. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Unbestritten: Hundstorfer, ein leutseliger Mann, liebte das Bad im Publikum, umso mehr, wenn es ihn auch liebte. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Wenn ihm etwas oder jemand nicht passte, konnte er auch ziemlich grantig werden. APA/HANS PUNZ
Der Wahlkampf endete allerdings in einem vierten Platz im ersten Wahlgang - hinter Norbert Hofer, Alexander Van der Bellen und Irmgard Griss. Hinter ihm lagen Andreas Khol und Richard Lugner. Hundstorfer schied aus dem Rennen aus. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
Hundstorfer war schließlich ab 2016 als Präsident der Bundes-Sportorganisation (BSO) tätig. Er brachte seine Expertise etwa beim Bundes-Sportförderungsgesetz 2017 ein und verhandelte die Umsetzung der sportpolitischen Ziele des Regierungsprogramms von Türkis-Blau. In der Aussendung des Sportministeriums hieß es zu seinem Tod, dass Hundstorfer dank seiner menschlichen Qualitäten und seiner Verbindlichkeit in seiner Funktion als BSO-Präsident auf vielen Ebenen Erfolge erzielen und viele Brücken habe bauen können. Neben der Verbesserung der Rahmenbedingungen im Spitzensport sei ihm auch die Realisierung der täglichen Bewegungseinheit an Österreichs Pflichtschulen ein wesentliches Anliegen gewesen. (c) imago/SKATA (imago stock&people)
Hundstorfer war selbst einst aktiver Handballer. Kommenden November wollte er sich um eine weitere Amtszeit als BSO-Präsident bewerben. Rudolf Hundstorfer, geboren am 19. September 1951 in Wien, zum dritten Mal verheiratet, eine Tochter und zwei Stiefkinder, beruflich als Kanzleibediensteter und Verwaltungsbeamter tätig. Politischer Werdegang: 1967 Jugendvertrauensmann, ab 1976 freigestellter Personalvertreter, Abgeordneter des Wiener Landtags und Gemeinderats von 1990-2007, dabei Vorsitzender des Gemeinderats von 1995-2007, ab 2001 Geschäftsführender Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG), 2003 GdG-Vorsitzender, 2006-2008 ÖGB-Präsident, 2008-2016 Sozialminister, 2016 Bundespräsidentschaftskandidat. Die Presse/Clemens Fabry
Rudolf Hundstorfer: Sein Leben, sein Wirken
„Ich verliere einen Freund, die Gewerkschaften einen zuverlässigen Mitstreiter, der sich auch nach seiner Zeit als ÖGB-Präsident und Sozialminister immer für das Wohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt hat“, teilte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian in einer Aussendung mit. Hundstorfers „eigene Art, auf Menschen zuzugehen und immer nach gemeinsamen Lösungen zu suchen“, habe ihn zum Vorbild und zur Orientierung für viele gemacht. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Frau und der Familie.“ Hundstorfer habe den ÖGB in schwierigen Zeiten übernommen und „damit große Verantwortung bewiesen“, so Katzian: „Seinem Engagement und seinen Entscheidungen ist es zu verdanken, dass der ÖGB eine Krise bewältigt hat und verlässlicher Partner für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geblieben ist.“
Vom Bürokaufmann zum Bundespräsidentschaftskandidaten
Hundstorfer war ab 2006 Präsident des ÖGB, von 2008 bis 2016 war er Sozialminister. Das Amt verließ er, um als SPÖ-Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl 2016 anzutreten. Hundstorfer schied mit 11,28 Prozent der Stimmen als Viertplatzierter nach dem ersten Wahlgang aus. Zuletzt war er als Präsident der Bundes-Sportorganisation aktiv.
Der Wiener war am 19. September 1951 in einfache Verhältnisse geboren worden. Nach der Hauptschule arbeitete er ab 1966 beim Magistrat der Stadt Wien. Er erlernte dort den Beruf eines Bürokaufmanns. Schon früh - ab den frühen 1970er-Jahren - engagierte er sich politisch. So war er Jugendvertrauensmann beim Magistrat, dann als Personalvertreter. Über 17 Jahre lang war er Abgeordneter des Wiener Gemeinderats, zwölf Jahre davon dessen Vorsitzender.
Hundstorfer hinterlässt seine Ehefrau, eine Tochter und zwei Stiefkinder. Die Bestattung Wien hat ein digitales Kondolenzbuch online eingerichtet. Die Einträge sollen gesammelt und der Familie des Verstorbenen nach Abschluss der Trauerfeierlichkeiten in Buchform übergeben werden. Ein Termin für die Trauerfeierlichkeiten stand zuletzt noch nicht fest.
Rudolf Hundstorfer, ehemals Präsident des Gewerkschaftsbundes, Sozialminister und Präsidentschaftskandidat, verstarb am Dienstag überraschend im Alter von 67 Jahren. Sein Tod sorgt über Parteigrenzen hinweg für Bestürzung.
Die Staatsspitze, die SPÖ und die Sozialpartner trauern um den ehemaligen Sozialminister, der am Dienstag überraschend verstarb. Alle Parteien würdigten Hundstorfers Arbeit - und seine Art.
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