Ibiza-Video: Westbahn bringt Anzeige ein und macht Hofer verantwortlich

Die Westbahn hat in einem Privatgutachten prüfen lassen, ob sie bei den jüngsten Direktvergaben an die ÖBB durch das Infrastrukturministerium diskriminiert worden ist.
Die Westbahn hat in einem Privatgutachten prüfen lassen, ob sie bei den jüngsten Direktvergaben an die ÖBB durch das Infrastrukturministerium diskriminiert worden ist.(c) Clemens Fabry, Presse
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Das Unternehmen ließ prüfen, ob es bei Direktvergaben an die ÖBB diskriminiert wurde. Grund dafür ist die im „Ibiza-Video" gefallene Aussage, "der Haselsteiner" bekäme keine Aufträge mehr, wenn die FPÖ in die Regierung komme.

Die Westbahn hat in einem Privatgutachten prüfen lassen, ob sie bei den jüngsten Direktvergaben an die ÖBB durch das Infrastrukturministerium diskriminiert worden ist. Angriffspunkt ist die im „Ibiza-Video" gefallenen Aussage, dass "der Haselsteiner" keine Aufträge mehr bekommen werde, wenn die FPÖ in die Regierung komme. Das Fazit von Kathrin Hornbanger von der Kanzlei Heid & Partner: Die Vergaben seien gesetzes- und verfassungswidrig erfolgt, und es gebe eine persönliche Verantwortung des Verkehrsministers (Norbert Hofer/FPÖ) dafür. Das Unternehmen hat daher eine Untreue-Anzeige gegen unbekannt eingebracht.

Der Reihe nach: Der Industrielle und Neos-Financier Hans Peter Haselsteiner hält an der Westbahn 49,9 Prozent. Nachdem das 2017 getätigte Ibiza-Zitat des inzwischen zurückgetretenen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache ruchbar geworden war, ließ er alle Vergabeverfahren prüfen, die seine Firmen und Beteiligungen betreffen, schilderte Westbahn-Geschäftsführer Erich Forster am Freitag.

Jörg Leichtfried nicht betroffen

Für das Bahnunternehmen liegt das Privatgutachten der Kanzlei Heid & Partner jetzt vor, und es sieht durchaus Unregelmäßigkeiten, wie deren Vergaberechtlerin Hornbanger ausführte. Die Conclusio: Auch wenn in diesem Bereich Direktvergaben bis Ende 2023 gemäß EU-Recht erlaubt sind, hätten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, was aber nicht passiert sei. Die Vergaben seien daher gesetzes- und verfassungswidrig erfolgt, und es gebe eine persönliche Verantwortung von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) dafür, wird argumentiert. Nicht erwähnt wird indes Hofers Vorgänger Jörg Leichtfried (SPÖ), da die betreffenden Vergaben allesamt im Jahr 2018 erfolgt sind.

Sehr wohl angeführt wird dagegen, dass Initiativangebote der Westbahn schlicht negiert worden seien, obgleich man für Vorarlberg um 25 Millionen Euro günstiger angeboten habe und in Oberösterreich und Salzburg die ÖBB um zehn Prozent unterboten hätte, meint Hornbanger. Forster rechnete vor, dass bei Einrechnung des auf zehn Jahre abgeschlossenen Verkehrsdienstevertrags für den Bund rund 1,5 Milliarden Euro einzusparen wären. Aufgrund all dessen haben die Rechtsanwälte der Westbahn Freitagfrüh Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erstattet, und zwar gegen unbekannte Tatverdächtige wegen Untreue. Dies deshalb, weil man die internen Zusammenhänge und Hintergründe im Ministerium nicht kenne, so Forster. Klar sei aber, dass 2018 die FPÖ bereits die entsprechenden Amtsträger gestellt habe.

„Eigenartig, wie die Dinge abgelaufen sind"

Dass der Konnex zur „Ibiza-Causa" vielleicht eine gewagte Annahme sei, weil ja auch schon früher direkt an die ÖBB vergeben wurde, wiesen beide zurück. Heute würden andere Voraussetzungen als vor zehn Jahren gelten, und die Direktvergabe-Ausnahme laufe 2023 aus, so Forster. Zur Frage, ob er beim nunmehrigen designierten FPÖ-Chef Hofer einen Vorsatz erkenne, die Westbahn nicht zum Zug kommen zu lassen, sagte der Geschäftsführer: "Für uns ist es zumindest sehr eigenartig, wie die Dinge abgelaufen sind." Es sei möglich, "dass Dinge nicht einflussfrei gelaufen sind". Die WKStA müsse dies nun klären.

Ähnlich argumentiert Vergaberechtlerin Hornbanger. Sie sieht "eine persönliche Verantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ad personam". Das Ressort habe gegen die gesetzliche Vorgabe der Gesetzmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen, und der Minister sei persönlich dafür verantwortlich, weil er gemäß Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz den entsprechenden Verträgen vorab zuzustimmen habe.

Ministerium und ÖBB weisen Vorwürfe zurück

Sowohl das Verkehrsministerium als auch die ÖBB haben am Freitag die Vorwürfe der Westbahn in Bezug auf Direktvergaben zurückgewiesen.  Das Verkehrsministerium (in dem mit Andreas Reichhardt nun der frühere Generalsekretär von Hofer an der Spitze steht) betonte in einer Aussendung, dass sich das Instrument bewährt habe und die Entscheidung zu 2018 besiegelten Direktvergaben schon 2016 bzw. 2017 unter dem damaligen Verkehrsminister Leichtfried getroffen worden sei.

Erbost reagierte auch FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Er zeigte sich "fassungslos über die Einmischung" von Westbahn-Miteigentümer Haselsteiner in den laufenden Nationalratswahlkampf: "Seine Agitation nimmt schön langsam pathologische Züge an. Die heute via Westbahn vorgebrachten Vorwürfe entbehren jeder Grundlage - das wusste Haselsteiner freilich schon vorher, trotzdem nützt er jede Chance, um der FPÖ Schaden zuzufügen. Schon im Bundespräsidenten-Wahlkampf lieferte er mit der 'Kommt Hofer, kommt Öxit' - Kampagne den Tiefpunkt der Wahl-Auseinandersetzung."

(APA/Red.)

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