TV-Wahlkampf

Puls4-Duelle: "Ich liebe Ihre Arroganz"

Sebastian Kurz und Pamela Rendi-Wagner.
Sebastian Kurz und Pamela Rendi-Wagner.(c) Screenshot
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Die Spitzenkandidaten von ÖVP, SPÖ und FPÖ prallten in drei Duellen aufeinander. Vom Kuschelkurs bis zum hitzigen Wortgefecht war alles dabei. Die Herkunft von Ex-Kanzler Kurz war ebenso Thema wie die Gebrauchsmöglichkeiten von Zahnbürsten.

Am Montagabend fanden auf Puls4 die abschließenden TV-Duelle zwischen den Spitzenkandidaten der drei größten wahlwerbenden Parteien statt. Zu Beginn diskutierten mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Norbert Hofer die ehemaligen Koalitionspartner, ehe Hofer mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verbal die Klingen kreuzte. Abschließend trafen dann Kurz und Rendi-Wagner aufeinander. Es waren drei sehr unterschiedliche Duelle, die erst wenige Minuten vor Mitternacht endeten.

Wer harmonierte?

Gleich zu Beginn überwog die Harmonie. Puls4-Moderatorin Corinna Milborn konnte den beiden Kontrahenten Kurz und Hofer, bis vor Kurzem Koalitionspartner, nur wenig Negatives über das jeweilige Gegenüber entlocken. Kurz wies zwar darauf hin, dass er das Anstreifen und Rassismus und NS-Diktion zutiefst ablehne, aber er glaube Hofer, dass dieser hart dagegen vorgehen wolle. „Ich hoffe sehr, dass du den Ankündigungen nachkommst, und hart durchgreifst“.

Überhaupt wirkte es eher so, als hätten sich die beiden Politiker - per Du miteinander sprechend - gegen die Moderatorin verbündet. Kurz sprang etwa für Hofer in die Bresche, als Milborn auf ein Foto hinwies, das Hofer am Vorabend bei der TV-Elefantenrunde der Spitzenkandidaten ins Bild gehalten hatte. „Als ich Verkehrsminister war, hat man mir das Dach des Verkehrsministeriums angezündet“, hatte der FPÖ-Spitzenkandidat am Sonntagabend gesagt. „Man ist eingedrungen (..) und hat oben ein Feuer gemacht. Und das ist die Wahrheit.“ Milborn wies in diesem Zusammenhang auf ein Twitter-Statement der Landespolizeidirektion Wien hin, wonach dieser in diesem Zusammenhang kein Brand bekannt sei. Das erzürnte Ex-Kanzler Kurz weit mehr als den angesprochenen Hofer. Man solle gewaltbereite Donnerstagsdemonstranten nicht schönreden. „Bitte tun wir nicht verharmlosen.“

Auch als Milborn von Hofer mehr über die Paartherapie-Werbespots der FPÖ wissen wollte, bat der Politiker: „Fangen wir mit den Themen an“ und erntete von Kurz Zustimmung, die er durch Reaktionen im Publikum bestätigt sah.

Welches Thema dominierte?

Wieder einmal war Migration das bestimmende Thema. In allen drei Duelle führte kein Weg daran vorbei. „2015 darf sich nicht wiederholen“, sagte die SPÖ-Spitzenkandidatin. Sie warf den beiden ehemaligen Regierungsparteien unter der Führung von Kurz und Hofer vor, seitdem aber nichts gegen die Fluchtursachen unternommen zu haben. „Wir reden immer über das Gleiche“, aber es geschehe nichts. Hofer wies in diesem Zusammenhang wenig überraschend darauf hin, dass man die Falschen in das Land gelassen habe - gemeint waren Vergewaltiger und Terroristen.

Kurz würde sich die Lorbeeren für die Diplomatie der EU einstreifen, kritisierte in diesem Zusammenhang Rendi-Wagner. Der Rückgang der Flüchtlingszahlen sei auf den EU-Türkei-Deal zurückzuführen, so Rendi-Wagner. Der ÖVP-Chef wiederholte, mit wieviel Gegenwind er im Inland aber auch auf EU-Ebene bei seinen Versuchen für eine restriktive Zuwanderspolitik zu kämpfen hatte.

Welches Thema fehlte?

Es war der Tag, an dem die Klimaaktivistin Greta Thunberg den weltweiten Regierungen unter Tränen Versagen vorwarf. In den Puls4-Duellen spielte das Thema Klimawandel aber gar keine Rolle. Im Gegenteil, Hofers Wortbeitrag - der wohl einzige dieses Abends - zog die Glaubwürdigkeit von Klimawarnern in Zweifel: „Wenn wir vor Grenzsturm warnen, dann ist es Angstmache - wenn andere vor den Folgen des Klimawandels warnen, dann ist es keine Angstmache.“ 

Der hitzigste Moment des Abends

Bereits die Geschenke zu Beginn des Duells zwischen Kurz und Rendi-Wagner gaben einen Vorgeschmack auf das, was dann folgte. Die SPÖ-Chefin übergab Kurz eine Wien-Schneekugel, Mannerschnitten und ein "I love Vienna"-T-Shirt. Rendi-Wagner wolle damit das Wien-Bild des ÖVP-Chefs, der die rote Stadt immer wieder verbal ins Schussfeld nimmt, geraderücken. Im Gegenzug erhielt sie jeweils ein Buch über Meidling und eines über das Waldviertel. Damit wolle er den Vorwürfen kontern, er sei unehrlich - nur weil er einmal gesagt habe, er sei in Meidling aufgewachsen und ein anderes Mal, er sei im Waldviertel groß geworden. Beides stimme, er fühle sich da und dort heimisch, so Kurz.

„Das stimmt doch nicht“, „das ist unwahr“, „das ist falsch“. Egal, um welches Thema es ging. Kurz und Rendi-Wagner argumentierten vehement gegeneinander. Die SPÖ-Chefin stellte ihr Gegenüber als predigenden Moralapostel hin und nur ein paar Minuten nach Beginn des Duells stand erneut der Streit um die Herkunft von Kurz im Mittelpunkt. Dieser habe im Wahlkampf 2017 erklärt, er komme aus Meidling und nun habe er im aktuellen Wahlkampf bei einer Veranstaltung gesagt, er sei im Waldviertel aufgewachsen. Dieses Beispiel zeige, wie unehrlich der Ex-Kanzler agiere.

Daraufhin bat Kurz die Zuseher, einfach auf seiner Homepage nachzusehen. Dort würde sich ein Werbespot wiederfinden, in dem er sage, er sei in Meidling aufgewachsen, habe aber die halbe Kindheit im Waldviertel verbracht - gemeint ist folgender Spot:

Das Zitat des Abends

Die Antipathie zwischen Kurz und seiner Kontrahentin Rendi-Wagner war immer spürbar. In folgendem Moment wurde sie aber am besten sichtbar: „Ich war dabei, als das verhandelt wurde“, sagte Kurz in Hinblick auf Verhandlungen auf EU-Ebene - im Gegensatz zu Rendi-Wagner.  „Ich liebe Ihre Arroganz“, konnte es sich Rendi-Wagner nicht verkneifen.

Und dann war da noch ...

Die Zahnbürste

Im sonst - wie bereits erwähnt - sehr kuschligen Duell zwischen Kurz und Hofer wies der Ex-Kanzler auf einen bedenklichen Ausspruch des Kärntner FPÖ-Obmanns Gernot Darmann hin, wonach Häftlinge mit Zahnbürste die Zelle putzen sollen. Das lehne er ab, er fühle sich dadurch an NS-Diktion erinnert.

Hofer konnte das nicht nachvollziehen und meinte, dass man mit der Zahnbürste auch ganz andere Dinge putzen könne. Fugen zum Beispiel. Er selbst putze etwa mit der Zahnbürste seine Modellflugzeuge.

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