Die Koalitionsverhandlungen sind so gut wie abgeschlossen, am kommenden Mittwoch dürfte die Fortsetzung von Schwarz-Grün von den Parteigremien beschlossen werden. Matthias Wechner von der Sicherheitsfirma G4S ist als ÖVP-Landesrat im Gespräch.
Die Würfel waren schon am Wahlabend gefallen. Einen anderen Schluss lassen die Ereignisse seit dem 25. Februar nicht zu, die mit einer kurzen und schmerzlosen K.-o.-Runde mit der FPÖ, SPÖ sowie den Neos – von der ÖVP auch „Sondierungsgespräche“ genannt – begannen und mit der Verkündung der Fortsetzung von Schwarz-Grün am kommenden Mittwoch enden dürfte.
Dann nämlich werden die Ergebnisse der seit knapp zwei Wochen andauernden Koalitionsgespräche dem Parteivorstand der ÖVP und der Landesversammlung der Grünen zum Absegnen vorgelegt – die Zustimmung beider Parteien gilt als fix, wurden die Einigungen doch parallel zu den Gesprächen von sogenannten Steuerungsgruppen begutachtet und bei Unklarheiten an den Verhandlungstisch zurückgeschickt. Heute, Montag, sollen die letzten Gespräche auf Landesrat- bzw. Klubobmann-Ebene stattfinden.
Hoch erfreut über den laut Hochrechnungen klaren ersten Platz der Volkspartei bei der Tiroler Landtagswahl hat sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz gezeigt: "Das Tiroler Wahlergebnis hat unsere Erwartungen übertroffen", gratulierte er Landeshauptmann Günther Platter (2. v. r.) zum Wahlsieg und den Zugewinnen. Kurz (2. v. l.) war zusammen mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (l. außen) und Wirtschaftsministerin und Tirolerin Margarete Schramböck (r. außen) zu Platter gereist. Kurz bedankte sich auch bei allen Funktionären und Helfern. Seit der Landtagswahl 2009 in Oberösterreich sei dies die erste Landtagswahl mit Zuwächsen für die Volkspartei. Das Tiroler Ergebnis zeige vor allem, dass nach der Nationalratswahl und der niederösterreichischen Landtagswahl auch die Tiroler "die Sacharbeit, das Miteinander und den neuen Politikstil mit Zustimmung belohnen", meinte Kurz. "Das Tiroler Ergebnis gibt auch uns auf Bundesebene nochmals kräftigen Rückenwind." (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Platter selber will im Wahlkampf nicht tiefgestapelt haben. Er freue sich, dass Kanzler Kurz gekommen nach Tirol gekommen sei - und bedankte sich in einer ersten Stellungnahme bei seinen Wählern. Platter meinte zu den zahlreichen Koalitionsangeboten: "Ich glaube, es ist sehr vernünftig, dass alle Bereitschaft zeigen." Es werden "mit Sicherheit keine roten Linien gezogen werden - wir haben sehr viele Themen". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Die Grüne Spitzenkandidatin Ingrid Felipe kann mit dem Abschneiden ihrer Partei bei der Tiroler Landtagswahl leben. Gegenüber Journalisten sprach sie von einem "Achtungserfolg". Immerhin sei man im Oktober bei der Nationalratswahl noch bei vier Prozent gelegen und liege nun bei über zehn Prozent. Ob sie einen Auftrag für die Fortsetzung von Schwarz-Grün sieht, wollte Felipe gegenüber der APA vor Vorliegen des Endergebnisses nicht beurteilen. Die Landeshauptmann-Stellvertreterin verwies aber darauf, dass man im Vorfeld klar gestellt habe, bei Zweistelligkeit verhandlungsbereit zu sein. Nun sei aber Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Zug. (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger hat sich mit den Zugewinnen der Freiheitlichen "sehr zufrieden" gezeigt. Ein Plus von annähernd sieben Prozent ist ein "sehr gutes Ergebnis", sagte Abwerzger. Ein "Wermutstropfen" sei das voraussichtliche Verfehlen von Platz zwei. Dennoch: "Ich habe nur lachende Augen", sagte er im ORF. Mit dem zweiten Platz rechnete Abwerzger trotz einer nach wie vor möglichen Chance nicht mehr und verwies darauf, dass vor allem Innsbruck noch nicht ausreichend ausgezählt sei. Die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung sah der FPÖ-Chef hingegen aber nach wie vor intakt. "Die Chance steht 50 zu 50. Wir sind zu Gesprächen bereit", erklärte der FPÖ-Chef: "Es liegt jetzt alles in der Hand von Günther Platter und der ÖVP - wir wären bereit. Der Herr Landeshauptmann hat meine Telefonnummer." (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
Die Spitzenkandidatin der Tiroler SPÖ, Elisabeth Blanik, hat sich "glücklich" über den Zugewinn ihrer Partei bei der heutigen Landtagswahl gezeigt. Das Projekt sei geglückt, die gesteckten Ziele erreicht, so die Lienzer Bürgermeisterin in einer ersten Reaktion in der roten Parteizentrale. Den Sieg wollte sie sich nicht nur selbst zuschreiben. Man gewinne nie alleine. Die Sozialdemokraten hätten jedenfalls beide Wahlziele erreicht - stärker werden und das Erreichen des zweiten Platzes. Vor der FPÖ zu liegen, sei ein "sehr positives Ergebnis für die Demokratie", so Blanik. In puncto Koalition mit der ÖVP hielt sich die SPÖ-Kandidatin aber noch bedeckt. Sie warte erst die Einladung von Landeshauptmann Platter ab. "Wir werden heute einmal feiern", betonte Blanik: "Jetzt werden wir schauen, was die Zukunft bringt." (c) APA/EXPA/JFK (EXPA/JFK)
"Neos ist der Motor" für Veränderung in Tirol, bekundete Neos-Frontmann Oberhofer im ORF-Gespräch nach der Wahl. "Wer gibt es der ÖVP am billigsten - da machen wir sicher nicht mit", sagt er. Gesprächen sei man aber nicht abgeneigt - das gelte auch für die künftige Oppositionsarbeit: Man setze auf "unternehmerisches Denken" sowie "das Thema Verkehr". Sein Vorteil: "Ich habe nichts versprochen und nichts plakatiert, was ich nicht einhalten kann. Wir werden Politik machen, die wertschätzend und konstruktiv ist." (c) APA/EXPA/JFK (EXPA/JFK)
Die Spitzenkandidatin der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, hat nach den ersten Hochrechnungen am Wahlsonntag das "Minimalziel", also den Landtagseinzug, erreicht gesehen. "Unser Maximalziel, die Verdoppelung der Mandate, ist uns leider nicht geglückt", sagte Haselwanter-Schneider zur APA. "Zum dritten Mal in Folge in den Tiroler Landtag einzuziehen, ist aber eine tolle Leistung", so die Liste Fritz-Frontfrau. Sie wolle nun noch auf die Ergebnisse der großen Städte warten, denn da erwarte sie sich "noch Einiges". (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
Reaktionen zur Tirol-Wahl: "Ich habe nur lachende Augen"
Einigung bei Fernpass-Scheiteltunnel
Insbesondere bei den Grünen, zu deren Landesversammlung mindestens 100 Mitglieder erwartet werden, war die Stimmung am Wochenende beinahe euphorisch – man habe sich trotz der Verluste bei der Landtagswahl nicht über den Tisch ziehen lassen, eine grüne Handschrift sei noch deutlicher erkennbar als beim Pakt vor fünf Jahren. Sogar beim Reizthema Fernpass-Scheiteltunnel, der ab 2021 gebaut werden soll und den die Grünen verhindern wollten, wurde eine Einigung erzielt, mit der die Grünen dem Vernehmen nach mehr als glücklich sind.
Und zwar wurde der mögliche Bau des Tunnels an umfassende Bedingungen wie etwa Beschränkungen für Lkw (inklusive Kontrollstellen zur Dosierung des Verkehrs) geknüpft, die den Verkehr massiv einschränken sollen. Zudem sieht eine Vereinbarung vor, dass bei Investitionen in das Straßennetz im selben Ausmaß Investitionen in den umweltfreundlichen Verkehr (öffentliche Verkehrsmittel und Radverkehr) erfolgen müssen. Die Rede ist dabei von mindestens 100 Millionen Euro. Auch bei den Themen Wohnen, Naturschutz und Seilbahnerschließungen habe man sich so weit durchgesetzt, dass bei der Landesversammlung nicht von einem Veto ausgegangen wird.
Wird Gebi Mair Landesrat?
Details über das Personal der neuen Regierung wurden am Sonntag noch nicht bekannt – große Veränderungen der Teams bzw. der Ressortaufteilung dürften aber (abgesehen von kleineren Verschiebungen) nicht bevorstehen. Die Grünen werden wohl weiterhin die Ressorts Verkehr und Umwelt (mit Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe als Landesrätin, die allerdings den wichtigen Bereich Transit an Platter abgeben soll) sowie Soziales verantworten. Für Letzteres war bisher Christine Baur zuständig, die bei dieser Wahl nicht mehr angetreten ist. Ihr logischer Nachfolger wäre der Klubobmann und Spitzenkandidat in Innsbruck, Gebi Mair. Allerdings ist aus seinem Umfeld zu hören, dass er sich genauso gut die Fortsetzung seiner Tätigkeit als Klubobmann vorstellen kann, im Zuge dessen er ein ausgezeichnetes Vertrauensverhältnis zu seinem ÖVP-Gegenüber Jakob Wolf aufgebaut hat. Sollte Mair verzichten, könnten die Grünen Landschaftsplanerin Gabriele Fischer oder Hotelier Georg Kaltschmid nominieren, beide Landtagsabgeordnete.
Comeback von Matthias Wechner?
Eine (gar nicht so kleine) Überraschung bahnt sich beim ÖVP-Personal an. Im Gespräch als Landesrat ist seit Freitag Matthias Wechner, der Vorstand der größten österreichischen Sicherheitsfirma G4S. Der Tiroler, der im November als Verteidigungsminister auf einem ÖVP-Ticket im Gespräch war und bereits in den Kabinetten des damaligen Verteidigungs- bzw. Innenministers Günther Platter arbeitete, soll unter anderem für Sicherheitsagenden zuständig sein.
Welches Ressort er dann konkret übernehmen würde, war am Sonntag unklar. Sicherheit ist insbesondere in Innsbruck ein seit Jahren hitzig diskutiertes Thema, die FPÖ hatte einen eigenen „Sicherheitslandesrat“ sogar als Bedingung für eventuelle Koalitionsgespräche gestellt. Wechner selbst wollte sich dazu auf Nachfrage jedenfalls nicht äußern. Allerdings teilte er per Aussendung mit, dass er die Firma G4S mit spätestens Mai verlassen wird. Als Begründung nennt er eine „berufliche Veränderung“.