Europass-Lebenslauf: Mehr Transparenz, weniger Kreativität

Empfehlungen für den Einsatz des standardisierten CV gibt Michael Baumann, Senior Consulter beim renommierten Executive-Search-Unternehmen Amrop Jenewein.

„Die Presse“: Man hört immer wieder von einem Europass-Lebenslauf. Was genau ist das? Wodurch unterscheidet er sich von einem herkömmlichen tabellarischen?

Michael Baumann: Ein herkömmlicher CV ist nur halb-strukturiert, aber dennoch individuell. Trotz der tabellarischen Form kann der Bewerber seine Kreativität und Individualität zeigen. Ein Europass-Lebenslauf hingegen ist klar strukturiert, damit er vergleichbar ist. Er wurde von der Europäischen Union initiiert und seine Verwendung wird von den EU-Mitgliedsstaaten empfohlen. Bei allen öffentlichen sowie halb-öffentlichen Institutionen wird er meistens vorausgesetzt.

Wo wird er sonst noch verlangt?

Ich glaube nicht, dass er sonst in der Privatwirtschaft irgendwo explizit verlangt wird. Er wird eher dort angewandt, wo viele Bewerbungen eingehen. Dort soll die Vergleichbarkeit der Angaben leichter gemacht werden.

Sie sagen soll – wird es dadurch nicht vergleichbarer?

Meines Erachtens nicht.

Warum?

Beispielsweise sind Qualifikationsbezeichnungen – wie Fremdsprachen oder IT-Kenntnisse –  mit einem Kodierungssystem versehen, das nicht zur Lesbarkeit beiträgt. Ich persönlich finde, dass der Europass-Lebenslauf den Kandidaten keine Möglichkeit des individuellen Ausdrucks gibt.

Aber er wird doch auch Vorteile bringen?

Die Standardisierung ist sicherlich ein Vorteil für Objektivität und Vergleichbarkeit hinsichtlich konkreter Merkmale und bei den Skills bringt er höhere Transparenz, wenn auch, wie schon gesagt, die Lesbarkeit nicht besonders hoch ist.

Die bisher genannten Vorteile waren eher aus der Recruiter-Sicht gesehen. Wie schaut es da beim Bewerber aus?

Ein Vorteil für den Bewerber ist, dass er bei der Erstellung wenig Aufwand hat, weil er die Vorlagen leicht im Internet findet.

Worauf sollte er dann beim Erstellen achten?

Auf Ehrlichkeit bei der Angabe der Skills – das bezieht sich aber nicht nur auf den Europass.

Sollten sich Bewerber gleich mit einem solchen bewerben oder können sie ihren „alten“ weiter verwenden? Oder vielleicht sogar beide schicken?

Beide auf keinen Fall. Überall dort, wo Kreativität gefragt ist, sollte ein eigens Erstellter benutzt werden. Dort, wo ein Europass-CV explizit gewünscht wird, sowie in  öffentlichen und halb-öffentlichen Bereich sollte er jedenfalls eingesetzt werden.

Zur Person:

Michael Baumann ist seit 2009 als Senior Consultant bei Amrop Jenewein tätig und auf Executive Search spezialisiert, wobei er seinen Schwerpunkt auf die Beratung von Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation & Medien und Dienstleistung setzt. Darüber hinaus verfügt er über umfangreiche Erfahrung im öffentlichen Bereich sowie in der Personalentwicklung.
Amrop Jenewein zählt mit über 30 Jahren Marktpräsenz zu den führenden Personalberatern in Österreich und ist Kompetenzzentrum & Drehscheibe für Amrop CEE. Schwerpunkte sind Executive & Professional Search, Human Capital Performance, Start-up-Beratung.

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