Ist er so kompetent, oder tut er nur so?

Eindrucksmanagement. Menschen sind schlecht darin, andere richtig einzuschätzen. Sie fallen auf die herein, die Sicherheit vermitteln und signalisieren, man könne mit ihnen nichts falsch machen. Auch wenn das gar nicht stimmt.

Ein Mann in Jeans und T-Shirt packt in einer Metrostation in Washington DC seine Violine aus und beginnt, Stücke von Bach zu spielen. Niemand beachtet ihn, gelegentlich landet eine Münze im Vorbeigehen in seiner Kappe. Nach einer Dreiviertelstunde nimmt der Mann seine Sachen und geht.

Derselbe Mann füllt riesige Konzerthallen. Sein Name ist Joshua Bell, er ist ein weltberühmter Violinist. Warum ihn niemand beachtete? Weil wir miserabel darin sind, die Kompetenz anderer richtig zu beurteilen. Also bedienen wir uns Heuristiken, Faustregeln, die sich früher einmal bewährt haben. Es wäre zu aufwendig für uns, jede einzelne Bewertung zu veri- oder falsifizieren. Ein U-Bahn-Musiker in Straßenkleidung kann nicht bemerkenswert sein, also gehen wir weiter.

Unsere Unfähigkeit, andere einzuschätzen, hindert uns nicht, sie ohne Unterlass zu taxieren. Nur zu gern fallen wir auf die vermeintlichen Helden herein – und übersehen die nicht so Schillernden.
Diese Schwäche lässt sich wunderbar ausnutzen. Voraussetzung ist eine andere menschliche Eigenschaft: Risiko tunlichst zu vermeiden. Wer kompetent wirken will, muss daher nur signalisieren, dass man mit ihm nichts falsch machen kann. Das gilt für Bewerber und Verkäufer: Hat ein Entscheider zwischen einer mittelmäßigen, aber sicheren Option zu wählen und einer, mit der er entweder hoch gewinnen oder hoch verlieren kann, wird er sich für die sichere, aber durchschnittliche entscheiden.

In Bewerbungs- wie auch in Verkaufsgesprächen sucht das Gegenüber daher vor allem nach Negativinformationen – nach Argumenten, die gegen einen sprechen. Mindestens so wichtig, wie zielsicher die Pros unterzubringen, ist also, die Contras elegant zu umschiffen. Beides lässt sich vorab trainieren, indem man Für und Wider auflistet und übt, Erstere überzeugend zu formulieren und Letztere zu entkräften. Unmittelbar vor dem Gespräch wiederholt man dann nur die Vorzüge. Das hebt das Selbstvertrauen.

Nur Good News überbringen

Am kompetentesten wirkt, wer mit fester Stimme hervorragende Ergebnisse ankündigt. Paradoxon: Selbst wer später hinter seinen vollmundigen Versprechen zurückbleibt, wird immer noch als kompetenter angesehen als jemand, der bescheidene Ergebnisse verspricht und hält. Das hat mit der Beharrungstendenz der Wahrnehmung zu tun. Wir wollen glauben, was man uns sagt, und halten selbst dann noch daran fest, wenn das Gegenteil längst bewiesen ist.

Wer an seinem Eindrucksmanagement arbeitet will, tut gut daran, nie mit schlechten Nachrichten in Verbindung gebracht zu werden. Diese bleiben nämlich dauerhaft mit dem Boten assoziiert.
Wirtschaftspsychologe Jack Nasher schlägt gar vor, wenn es denn unvermeidlich ist, Bad News in abgedunkelten Räumen und unter das Publikum gemischt vorzubringen, keinesfalls in erhöhter und gut sichtbarer Position. Günstig sind Videopräsentationen, die von einem ablenken, noch besser, schlechte Neuigkeiten telefonisch oder elektronisch zu übermitteln. Jedenfalls sollten sie eindeutig und umfassend formuliert sein, damit niemand auf die Idee kommt, das Thema nochmals anzusprechen.

Ganz anders bei guten Nachrichten: Diese sind persönlich zu übermitteln, in erhöhter, gut ausgeleuchteter Position – und sie sollten in allen Details zelebriert werden. Der Sternenstaub bleibt selbst dann am Überbringer hängen, wenn dieser gar nichts zum Erfolg beigetragen hat.

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