Die Lehren aus der Leere

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High-Performer: Christoph Sieber, 36, Olympia-Sieger und Mentaltrainer. Nach seiner Goldmedaille in Sydney und einer wahren Flut an Terminen ereilte den Surfer ein Burn-out. Sieber überwand es, lernte seine Lektionen, setzte sich neue Ziele, entwickelte eine klare Strategie für mentale Fitness. Deren Grundpfeiler: Achtsamkeit und Konzentration.

Als Gold-Surfer Christoph Sieber vor sieben Jahren im heißen Sydney zum Olympiasieg brettelte, musste er sich höchstens vor einem Sonnenbrand schützen. Damals hätte sich der Neo-Promi kaum träumen lassen, dass er eine wahre Flut an Ehrungen, Terminen und Vorträgen ebenso wie Gesichtsbäder in der Menge mit einem Burn-out würde bezahlen müssen, das ihn wenig später ereilte. Ausgebrannt, leer wie eine Batterie, die sich entladen hatte, weil er sein goldenes Ziel erreicht hatte, ohne sich neue Ziele zu setzen. Grund genug, sich zurückzuziehen, Einkehr zu halten, um dem Leben neuen Sinn zu geben mit neuen Herausforderungen, denen er sich stellte: Einerseits als Familienvater, der mit dem inzwischen 3-jährigen Sohn Sky Sebastian samt Kindesmutter auf den Wogen familiären Glücks schaukelt, andererseits auch sportlich. Allerdings nicht mehr als Single-Surfer, der über die Wellen reitet, sondern als Partner von Clemens Kruse im (49er)Segel-Boot, mit dem er im Doppelpack noch das Steuer herumreißen, die Vizeweltmeister Nico Delle Karth und Niko Resch abfangen und sich im neuen Revier für Olympia 2008 in Peking qualifizieren will, besser gesagt: Qindao an der Küste.

„Und das“, sagt Sieber, „wird schwieriger als damals die Goldene in Sydney. Noch sind wir Nummer zwei, können es aber noch schaffen, die Würfel fallen erst nächstes Jahr. Es ist für mich eine noch größere Herausforderung, weil ich als Segler ja bei Null begonnen hab!“ Also unter neuen Voraussetzungen, zu denen auch seine gereifte Persönlichkeit gehört, die er auch bei der Wiederaufnahme seiner Vorträge und Seminare inzwischen einsetzt. Schließlich hat Sieber seine Lektionen gelernt, Erfahrungen gefiltert und daraus die Konsequenzen gezogen. „Solche Vorträge hab' ich ja seinerzeit schon nach den Olympischen Spielen in Sydney gemacht, aber damals noch ohne Konzept. Jetzt steht dahinter eine ganz klare Strategie!“ Sie fußt nicht zuletzt auf ganzheitlichem Zusammenhang, also der körperlichen Abhängigkeit vom Geist, der sozusagen die Sporen gibt.

Da Emotionen, dort das Kalkül, das sie kontrolliert. Sieber, der sich auch mit Fernost-Kult(ur)en beschäftigt hat, sieht sie aber nicht als der Weisheit letzten Schluss, sondern verbindet solche Einflüsse mit herkömmlichen Methoden unseres mitteleuropäischen Lebens- und Kulturraumes. Devise: East meets West. Oder: Golden Boy plädiert für goldenen Schnitt als optimale Kombination. Sieber stützt den Erfolg seiner Strategie in erster Linie auf zwei Eckpfeiler: Achtsamkeit und Konzentration. Andersrum: Nichts außer Acht lassen zum einen, sich auf eine Zielsetzung fokussieren zum anderen. Und auf dem Weg zum Ziel sich weder zu versteifen und zu verkrampfen, noch irritieren oder entmutigen zu lassen durch Rückschläge oder Misserfolge. „Man muss alles Negative streichen, aber alles tun, um es ins Positive umzuleiten!“

Mit mentaler Fitness zum Olympiasieg

Eine Faustregel, die einst Goldes wert war für den Super-Surfer Sieber, der sich schon als Jugendlicher sehr für Mentaltraining interessiert hatte. „Und meine mentale Fitness hat mir neben sportlichen Hausaufgaben zum Olympiasieg verholfen!“ Alles, was er in zehn Jahren auf diesem Gebiet gesammelt hatte, lässt er inzwischen in seine Referate, Seminare und Programme einfließen. Auch Übungen, die den Atem regulieren und damit auch helfen, Blockaden zu lösen. Motto: Schach dem Problemstau. „Man muss in eine Flow-Situation kommen, um sich auf den Moment maximal zu konzentrieren!“ Prophylaxe gegen Zerstreutheit, die durch Stress ausgelöst werden und im Burn-out enden kann. Sieber, selbst ein buchstäblich gebranntes Kind, sagt diesen Symptomen und Syndromen inzwischen als Mentaltrainer den Kampf an. Auch bei Führungskräften von Firmen. Je freier der Kopf, je klarer der Fokus, desto größer Überzeugung und Bereitschaft, eine Herausforderung zu meistern und eine Aufgabe zu lösen. Sieber: „Ziel ist, reif dafür zu sein!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2007)

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