Beijing, Boston oder eine Bohrinsel

Globale Traineeships. Die junge Generation zieht es ins Ausland: Unternehmen reagieren darauf mit internationalen Nachwuchskräfteprogrammen. Die Latte für Bewerber liegt hoch.

Wer eine internationale Karriere als Trainee verfolgt, der kann schon einmal auf einem Ölbohrturm oder in der Wüste landen: „Wir suchen die weltweit besten Talente für unsere Teams in den rund 80 Ländern auf der ganzen Welt, in denen wir tätig sind“, erklärt Robert Wine aus der Zentrale des britischen Energiekonzerns BP. Konkret werden in den Bereichen Refining & Marketing Teilnehmer für das „Future Leaders Program“ gesucht. Die Ölfelder liegen nicht immer in den mondänsten Gegenden der Welt. Zwei Engagements zwischen 18?Monaten und zwei Jahren sind vorgesehen. Wer es hier schafft, dem stehen viele Türen offen.

„Wenn die Teilnehmer erfolgreich sind – und wir versuchen alles, um ihnen dabei zu helfen“, versichert Wine, „dann haben sie danach die Möglichkeit, in Senior Roles im Unternehmen zu wechseln.“ Internationale Herausforderungen scheinen bei den Talenten zu ziehen: Bei BP haben sich – laut Informationen aus der Konzernzentrale – 4000 Kandidaten aus der ganzen Welt für das Traineeprogramm beworben. Bislang hat es ein Österreicher geschafft, aufgenommen zu werden, sagt Wine.

Perfektes Englisch Voraussetzung


Ähnlich international und herausfordernd ist das Traineeprogramm der Voestalpine-Holding aufgebaut: „Wir agieren bedarfsorientiert. Wo auf der Welt eine unserer Gesellschaften Unterstützung benötigt, wird ein Trainee auf Projektbasis dorthin geschickt“, erklärt Uta Stockbauer aus der Corporate-HR-Abteilung des Stahlkonzerns, der in 50 Ländern weltweit tätig ist. Sie ist für den High Mobility Pool des Konzerns zuständig. Die Talente seien in vier bis fünf Projekten während des zweijährigen Programms engagiert, so Stockbauer. Aktuell seien beispielsweise ein Brasilianer, ein Mexikaner und eine Chinesin vertreten, die nun global eingesetzt werden. „Perfektes Englisch ist bei uns Voraussetzung, andere Sprachen sind ,Nice to Have‘“, sagt Stockbauer. Der Wettbewerb um die besten Köpfe habe sich internationalisiert: Wer dies bieten könne, der punkte im Kampf um die Talente. Allerdings werden bei der Voestalpine genauso wie bei BP für diese internationalen Projekt-Einsätze keine frischen Uni-Absolventen gesucht. „Wir erwarten Berufserfahrung. Die Bewerber sollen schon wissen, worauf sie sich einlassen.“

Die Anforderungen sind hoch – gleichzeitig scheinen die Auslandseinsätze als Karriere-Turbos in den Konzernen zu wirken: Beide Konzerne bestätigen, über diese globalen Programme zu ihren künftigen Führungskräften zu kommen. „Die wirklich schnellen Karrieren führen über die globale Schiene“, das bestätigt auch Werner Kilzer, HR-Director Philips Österreich und HR Director Philips Consumer Lifestyle für die D-A-CH-Region. 

Koordination und Kosten

Der niederländische Konzern rekrutiert Absolventen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die neben zwei Stationen in der Region auch in eines der mehr als 100 Länder fahren, in denen der Elektronikriese tätig ist. Singapur, Hongkong, Boston, Beijing, Montreal nennt Kilzer als Standorte, in denen Trainees bereits tätig gewesen sind. Daneben wird vor allem auf Soft und Social Skills Wert gelegt: „Es gibt einen festgelegten Trainingsplan, der vor allem auf die Entwicklung der Persönlichkeit abzielt und die Trainees durch das Programm hindurch begleitet“, so der Personalexperte. Auch die anderen Konzerne setzen bei der Weiterentwicklung weniger auf fachliche Inhalte.

Einen Aufwand für die Organisation stellen die internationalen Nachwuchsprogramme jedenfalls dar, das verhehlen die Firmenvertreter keineswegs: Die Koordination der jeweiligen Stationen und Einsätze bedarf vieler Absprachen, die teilweise weit im Voraus getroffen werden müssen. „Selbstverständlich sind Kosten auch ein Thema“, sagt Kilzer. Nur mehr auf internationale „High-Flyer“ will allerdings kein Unternehmen setzen: Sowohl Voestalpine als auch Philips bieten auch „klassische“ – sprich: weniger internationale – Traineeships an. „Es braucht beides“, sagt Stockbauer. „Nach dem internationalen Programm sehe ich oft den Wunsch, wieder ins Heimatland zurückzukehren“, sagt Kilzer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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