KMU nützen die Forschungsprämie zu wenig

Innovationen. Mühsal und Misserfolge beim Versuch, direkte Förderungen zu ergattern, schrecken den Mittelstand ab. So sehr, dass er sich eine sichere indirekte Förderung entgehen lässt. Die wird vom Staat sogar erhöht.

Konzerne und Großbetriebe kennen sich gut mit Forschungsförderungen aus. Ihre F & E-Abteilungen haben genügend personelle und budgetäre Ressourcen, um das nötige Know-how aufzustellen.

Kleinstunternehmen kennen sich ebenfalls gut in dieser Materie aus. Bei ihnen zählt jeder Cent, weshalb sie sich eingehend etwa bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) beraten lassen.

Doch die gesunden Klein- und Mittelbetriebe, der typisch österreichische Mittelstand, fallen durch den Rost, sagt Manuela Walser, Geschäftsführerin der ITS Förderberatung. Sie führt das auf mehrere Gründe zurück:

  • Die KMU haben schlechte Erfahrungen mit direkten Innovationsförderungen gemacht. Das komplizierte Prozedere mit zeitraubenden Anträgen, aber ungewissem Ausgang nimmt ihnen die Lust, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen.
  • Die KMU sehen sich nicht als Innovator, sondern entwickeln Produkte und Verfahren einfach, weil Markt und Konsumenten es verlangen. Aus Unwissenheit und falschem Selbstverständnis denkt man gar nicht an Förderungen.

Zehn Prozent Prämie . . .

KMU sind erschreckend uninformiert, wo sie Geld zurückholen können, fasst Walser das Ergebnis einer Studie der ITS Förderberatung gemeinsam mit der FH Wien zusammen.

Dabei haben österreichische Unternehmen Rechtsanspruch auf eine indirekte Förderung in Höhe von zehn Prozent ihrer geleisteten Entwicklungskosten. Diese können sie sich in Form einer Forschungsprämie gemäß § 108c Einkommensteuergesetz (EStG) beim Finanzamt zurückholen.

Im Unterschied zu den ungeliebten direkten Förderungen wird hier nicht vor Projektbeginn entschieden, ob überhaupt und in welcher Höhe die Förderung zusteht. Vielmehr holt sich jedes Unternehmen, dessen Innovationen den Erfordernissen entsprechen, im Nachhinein eine Steuergutschrift zurück. Weder Staat noch Förderstelle beeinflussen die unternehmerischen Entscheidungen und den Projektverlauf. Die Prämie kommt selbst dann noch zum Tragen, wenn das Projekt scheitert (neun von zehn Innovationen schlagen fehl) oder Verlust abwirft.

Förderwürdig sind nicht nur technische Innovationen: So kann etwa eine Molkerei, die eine Halal-Produktlinie einführt, die Haltbarkeit ihrer Milch erhöht oder energiesparende Verfahren entwickelt, die Prämie geltend machen. Es genügt jedoch nicht, einem bestehenden Joghurt nur eine neue Geschmacksrichtung hinzuzufügen.

. . . und wie man sie bekommt

Der Antrag für die Forschungsprämie wird gemeinsam mit der Steuererklärung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr eingereicht. Die Voraussetzungen sind vergleichsweise einfach: Über FinanzOnline beantragt das Unternehmen Gutachten der FFG für maximal 20 Projekte pro Jahr. Eine Beschreibung von je 3000 Zeichen genügt. Nach acht bis zwölf Wochen werden die Gutachten automatisch wieder über FinanzOnline an Finanzamt und Antragsteller übermittelt. Der kann sofort seine Forschungsprämie geltend machen.

Die gute Nachricht zuletzt: Im Zuge der Steuerreform beschloss die Bundesregierung, die Forschungsprämie auf zwölf Prozent zu erhöhen. Leider erst ab dem Antragsjahr 2016.

AUF EINEN BLICK


Die Forschungsprämie als Gutschrift auf dem Steuerabgabenkonto ist ein Instrument der indirekten Forschungsförderung. Unternehmen können sie nachträglich im Ausmaß von aktuell zehn Prozent für qualifizierte, bereits geleistete Forschungskosten geltend machen. Ihr Vorteil ist, dass sie auch beim Ausweis von Verlusten oder bei negativen Forschungsergebnissen beantragt werden kann. Bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch. Ab dem Prämienantrag 2016 wird die Forschungsprämie auf zwölf Prozent erhöht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.