Erholter als erholt sein – das gibt es nicht

Pausenkultur II. Lange Urlaube haben etwas für sich. Doch die Dauer der Auszeit hat nur bedingt mit dem Grad
der Erholung zu tun. Wichtiger sei, die Kontrolle über die Zeit zu haben, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Vom schönsten Ferienerlebnis müssen Kinder schon in der Schule regelmäßig erzählen. „Wo warst du auf Urlaub?“, werden sich nach den Semesterferien auch viele Kollegen gegenseitig fragen. Und wissen wollen, ob der Urlaub denn auch erholsam war.

Der Urlaub habe, sagt der Psychotherapeut Gerhard Blasche, Urlaubsforscher am Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien, kompensatorische Funktion: Um Erholung zu finden, tun Menschen in dieser freien Zeit Dinge, die in ihrem Alltag zu kurz kommen. Wer einen turbulenten Arbeitsalltag habe, suche oft Ruhe, wer eher monotonen Tätigkeiten nachgehe, das Abenteuer.

Dies ist auch vom Charakter abhängig: Extrovertierte Menschen lieben es auch in ihrer Freizeit lauter und actionreicher. Wichtig sei, Zeit für sich zu finden und die Kontrolle über die Zeit zu haben, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Sieben bis zehn Tage optimal

„Der Erholungseffekt“, sagt Blasche, „stellt sich nach sieben bis zehn Tagen ein.“ Mit anderen Worten: Dann ist die Erholung abgeschlossen. Auch wer länger urlaube, werde zurück am Arbeitsplatz nicht erholter als erholt sein. Das gelte mit zwei Einschränkungen, sagt Blasche. Erstens bei weiten Reisen in andere Klima- bzw. ferne Zeitzonen. Zweitens dann, wenn der Erholungsbedarf erheblich sei. Also wenn vor dem Urlaub sehr lange und sehr intensiv (55 Stunden und mehr) gearbeitet wurde. Daher besser mehrere kurze Urlaube als nur einer und dafür eine längere Auszeit im Jahr.

Tipps für den Alltag

Für zwischendurch gilt:


► Besser fünf- bis zehnminütige Pausen, dafür häufiger. Danach ein bis zwei Stunden arbeiten.


► Fixe Pausenrituale helfen: etwa eine Obstpause am Vor- und ein, zwei Kaffeepausen am Nachmittag.


► Eine kurze Pause halten, wenn eine Arbeit erledigt ist. Und: Nicht bis zur völligen Erschöpfung warten, sondern erste Ermüdungszeichen ernst nehmen.
Ein anderes Problem zeigt sich in Japan. Aufgrund der hohen Arbeitsmoral und des Unbehagens, sich auf Kosten der Kollegen auszuruhen, verzichtete im Jahr 2013 jeder Sechste gänzlich auf Urlaub. Das veranlasste Japans Regierung im Vorjahr, ein Gesetz zu diskutieren, das Arbeitnehmer zwingen soll, mindestens fünf Urlaubstage auch tatsächlich zu konsumieren.

Dabei hatte die Regierung neben der Gesundheit die Konjunktur im Blick. Denn an den freien Tagen sollen die Japaner Geld für Freizeitaktivitäten ausgeben und so die Wirtschaft ankurbeln.

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