Berater, zeigt her eure Muskeln

Beraten wollen viele. Beraten und umsetzen aber können nur wenige. Was bei KMU noch ein Thema ist, ist in der Company World schon State of the Art.

Den Kunden ein Konzept auf den Tisch zu legen und zu gehen? Dem früheren Siemens-Manager Helmut Bachner würde das nicht einfallen. Vor acht Jahren sattelte er um und berät seither Großbanken und die chemische Industrie zu deren CRM-Strategie – als One-Man-Show. Mit den Entscheidungsträgern erarbeitet er das Konzept, mit dem Team setzt er es als Interimsmanager um.

In seinem Segment ist Bachner einer der wenigen, die sowohl beraten als auch umsetzen können. Er sieht das durchaus eigennützig: „Ich will ja nicht wie ein Eichhörnchen von Kunden zu Kunden hüpfen, sondern langfristig gebucht werden. Dazu muss ich Ergebnisse bringen.“ Das funktioniere, weil er einen seltenen USP besitzt: „Jedes Projekt braucht vier Energien: die visionäre, die soziale, die planerische und die zur Durchführung. Ich kann jede davon kompensieren, wenn sie beim Kunden fehlt.“

2000 Euro pro Tag

Bachner bringt es (ohne auch nur eine Homepage zu haben) auf 200 Beratungstage im Jahr. Davon können viele nur träumen, sagt Tina Deutsch, Ko-Gründerin der Beraterplattform Klaiton. Ab 100 Tagen sei man gut im Geschäft, 30 Tage seien ganz normal. Allerdings: Bei einem Tagessatz von knapp 2000 Euro könne man davon schon leben. Die Monatspauschalen langfristig gebuchter Berater liegen mit 15.000 Euro deutlich darunter.

Im Mittelstand höre sie von beiden Seiten Gejammer: „Die Kunden schimpfen, die Consulter würden ihnen nur schöne Folien malen. Und die Consulter schimpfen, sobald sie ihre Strategien umsetzen wollen, wird ihnen vorgeworfen, sie wären nur auf das Honorar aus.“ Dabei hapere es oft an ihrem Beraterwerkzeug. „Bei uns bewerben sich viele, die fachlich sehr gut sind. Etwa, weil sie lange Jahre Marketingleiter waren. Aber sie können nicht beraten, Projekte auf die Beine stellen, Stakeholder definieren und die richtigen Personen an Bord holen.“

Deshalb spielt Deutsch den Ball an beide Seiten zurück: an die Berater, die nicht nur fachlich top, sondern auch fit im Umgang mit dem Beraterhandwerkszeug sein müssen, und an die Kunden, die schon beim Strategieprozess die Umsetzung im Auge haben sollten.

Im Universum der Konzerne

In einer ganz anderen Liga spielt Hannes Pichler, Partner und Managing Director bei der global tätigen Boston Consulting Group. Seit er im Jahr 2000 an Bord ging, habe sich vieles verändert, erzählt er: „Wir verkaufen heute keine Strategie mehr, ohne gefragt zu werden, ob wir sie auch umsetzen.“ Er befürworte das: „Sonst landet sie ja doch nur in der Schublade.“

Dauerte früher ein Projekt acht bis zehn Wochen, sind es heute auch mal vier Jahre. Das erfordere einen anderen Beratertypus, spezialisierter und erfahrener: „Im Jahr 2000 haben wir 100 Consultants eingestellt, davon 90 frisch von der Uni. Heute sind es 300 Consultants pro Jahr, davon 180 von der Uni.“

Wichtige Sozialkompetenz

Bei Absolventen steche vor allem deren Potenzial; bei erfahrenen Bewerbern (hier meist zwischen 35 und 40 Jahre alt) deren fachliche Expertise. Und immer die Sozialkompetenz – Pichler: „Wenn wir rekrutieren, stellen wir uns zwei Fragen. Erstens, wenn ich mit dem Consultant zu einem Kunden fliegen soll und meinen Flieger versäume: Kann ich ihn allein schicken? Zweitens, wenn wir beide fliegen und den Rückflug versäumen: Kann ich mich am Abend mit ihm auch über etwas anderes unterhalten als über das Projekt?“

Seine Teams wären heute diverser durchmischt als früher – Partner, Projektleiter, Experten, jüngere Mitarbeiter. Das verteuere sie: „Aber wenn ein Werk in Asien dafür drei Monate früher in Betrieb geht, sind unsere Kosten nebensächlich.“ Er schätze erfolgsabhängige Honorarbestandteile, „aber nur, wenn die Kennzahl die Wertschöpfung reflektiert. Von Einmaleffekten halte ich gar nichts.“

("undefined", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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