Der Schlüssel heißt Technologiekompetenz

Round Table. Die Digitalisierung wird Arbeitsweisen und Tätigkeiten massiv verändern. Für künftige Arbeitnehmer bedeutet das, sich rasch mit Artificial Intelligence auseinanderzusetzen – ganz egal, ob das auf dem Uni-Lehrplan steht.

Kaum ein Thema beschäftigt Führungskräfte und ihre Mitarbeiter derzeit so wie die Digitalisierung. Auf viele Fragen gibt es nur vage Antworten. Studien, die beinahe im Wochenrhythmus präsentiert werden, zeigen auf, wie unvorbereitet Unternehmen der Digitalisierung begegnen und welche Jobs es in Zukunft nicht mehr geben wird.

Was kann Digitalisierung für Unternehmen als Arbeitgeber und angesichts sich verändernder Umwelten für künftige Mitarbeiter bedeuten? Das diskutierten die beiden Mathematikstudenten Annemarie Grass und Tim Benedikt Herbstrith (Universität Wien), Markus Kaiser (GF Bundesrechenzentrum), Torsten Möller (Vizedekan Fakultät für Informatik, Universität Wien) und Michael Zettel (Country Manager Director Accenture Österreich) im Rahmen eines Round-Table-Gesprächs.

Wie in den 1970er-Jahren. Noch immer sind in vielen Büros Arbeitsweisen aus vergangenen, „analogen“ Jahrzehnten gang und gäbe: etwa beim Ordnen und Organisieren von Unterlagen. Das bedeutet, dass zeitaufwendig strukturiert und gesucht wird – etwas, das längst Maschinen übernehmen könnten. Apropos Suche: Weil Bibliotheken digitalisiert und laufend mehr Informationen zugänglich sind, wird Recherche rund um die Uhr möglich – was nicht nur den Spätaufsteher unter den Studierenden freut. Effizientere Arbeitsweisen und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (AI, Artificial Intelligence) werden auch die Tätigkeiten selbst verändern. Ein Beispiel: Die japanische Versicherung Fukoku Mutual Life Insurance trennt sich derzeit von rund einem Drittel ihrer Mitarbeiter in der Schadensabteilung. Computer übernehmen ihre Tätigkeit.

Technologiekompetenz. Unternehmen erwarten von künftigen Mitarbeitern neben fachlicher Kompetenz in deren jeweiliger Domäne, dass sie Technologie gegenüber aufgeschlossen sind. Gerade im Zusammenhang mit AI ist, unabhängig von der Studienrichtung, ein Grundverständnis von Informatik und Mathematik unumgänglich: Kein Arbeitsbereich, der nicht von der Digitalisierung betroffen sein wird. Selbst die Lehre an der Universität wird ohne Technologiekompetenz schwierig.
Mit anderen Worten: Vorbei sind die Zeiten, in denen der Führerschein eine Einstellungsvoraussetzung war. Fremdsprachen zählen weiterhin, daneben ist heute Technologiekompetenz wichtig.

Außenauftritt. Was dabei aber nicht zu kurz kommen darf, ist die viel diskutierte soziale Kompetenz, die besonders bei Mint-Studenten (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) gern angezweifelt wird. Gefragt sind daher Mitarbeiter, die nicht nur hinter verschlossenen Türen forschen wollen, sondern stark im Außenauftritt sind. Die Universität bemüht sich, soziale Kompetenz implizit mit auszubilden: etwa durch Mentoringprogramme, indem die Studierenden zwingend in Gruppen arbeiten und Vorträge halten müssen.

Eigeninitiative. So sehr sich Universitäten auch bemühen, sie können ihre Curricula nicht monatlich adaptieren. Studenten kommen daher um Eigeninitiative nicht herum, wollen sie neue Entwicklungen nicht verpassen. Denn die Digitalisierung wird begleitet von der Individualisierung. Heute ist es einfach, ein globales Lehrangebot in Anspruch zu nehmen und eine Lehrveranstaltung in Harvard zu besuchen, ohne dort sein zu müssen. Nur: Es liegt am Einzelnen, sich die Ressourcen einzuteilen und diese Angebote zu nutzen.

Lernen. Uni-Abschlüsse sind alle Ehren wert. Doch über eines dürfen sie nicht hinwegtäuschen: Das System wurde zu einer Zeit entwickelt, als die Halbwertszeit des Wissens noch länger dauerte. Den Unternehmen ist daher ständiges Weiterlernen ein Anliegen.
Und sie wünschen sich noch mehr „blended learning“: schon während des Regelstudiums, bei dem es intensiveren Kontakt zwischen Wissenschaft und Forschung gibt – an dem auch die Studenten stärker teilhaben. Wird diese Zusammenarbeit klug angelegt, können beide Seiten profitieren, ohne dass die Grundlagenforschung an der Universität leide.

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