Für Frühaufsteher und Morgenmuffel

Pharmazie. Crossfunktionale Teams sind in der Pharmabranche gefragt. Was sie brauchen, um sich zu entfalten, ist die Balance zwischen Berufs- und Privatleben.

Was erwarten Pharmaunternehmen von ihren Mitarbeitern? Dass sie fachlich top sind. Das ist kein Problem. Und dass sie crossfunktional arbeiten. Solche Mitarbeiter zu finden sei eine Herausforderung, sagt Ingo Raimon, General Manager des Pharmaunternehmens Abbvie Austria. Denn nach wie vor gebe es in vielen Bereichen der Branche eine Art Silodenken. Und das vertrage sich mit der Dynamik in der Pharmawelt nicht so gut. Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, brauchen flache Hierarchien, flexible Organisationen und Mitarbeiter, die in der Matrix arbeiten können. Aufgabe der Führungskräfte ist es daher, ein Umfeld für die Mitarbeiter zu schaffen. Eines, in dem sich Berufs- und Privatleben vereinbaren lassen.

Raimon und seine Führungskräfte etablierten daher 2015 ein Modell, das Abbott – von diesem Konzern hatte sich Abbvie 2013 abgespalten – schon Ende der Nullerjahre in manchen Ländern eingeführt hatte: Life Navigation. Das Modell beruht auf der Erkenntnis der Dänin Camilla Kring, dass es A- und B-Typen gebe. Erster sind Frühaufsteher, zweitere Morgenmuffel. Wenn Menschen wissen, wann sie produktiv arbeiten, können sie ihre Zeit bewusster einteilen. Raimon lud seine 170 Mitarbeiter ein, in Workshops dieser Frage nachzugehen und sich auch über ihre Ziele klar zu werden. Das unterstütze die Mitarbeiter, ihre Vorhaben realistischer zu planen.

Notieren, was nicht zu tun ist

Das geht so weit, dass Mitarbeiter nicht nur ihre To-do-Listen erstellen und abarbeiten, sondern auch Not-to-do-Listen führen, mit Dingen und Tätigkeiten, für die sie keine Zeit verschwenden möchten.
Apropos Zeit: Weil Zeit eine wertvolle Ressource ist, arbeiteten Raimon und sein Team auch an der Besprechungskultur. Meetings werden nur noch für 45 Minuten angesetzt. Da kurze Besprechungen effektiver und effizienter sind und bei Besprechungen im Stundenrhythmus Verspätungen programmiert sind. Schließlich gilt es, Wegzeiten und Pausen einzuplanen. Als Erinnerung dienen Sanduhren, die in 45 Minuten ablaufen. Und der Mittwoch ist generell besprechungs-frei.
Die Umstellungen wirkten sich positiv aus, ist Raimon überzeugt. Gleitzeit und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, würden das ebenfalls unterstützen.

So weit, so gut. Doch gerade in Matrixorganisationen bedeutet das enormen Koordinationsaufwand. Raimon sieht das anders. Dank der Workshops sei das Verständnis für die unterschiedlichen Typen höher. „Das Fingerpointing fällt weg“, sagt er, „und das Verständnis ist höher.“
Das setze Vertrauen voraus, darauf, dass die produktivsten Momente balanciert für Berufliches wie für Privates verwendet werden. Mit dem Vertrauen gehe auch die Transparenz einher. Raimon etablierte ein offenes Bürokonzept, in dem jeder – auch er selbst – einheitliche Arbeitsplätze hätten. Und mehrere Besprechungsräume – alle mit Sanduhr.

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