Experten warnen Anleger aber vor Totalschaden, die Betrugsquote sei sehr hoch.
Start-ups sind nicht nur innovativ bei ihren Geschäftsmodellen, sondern auch bei der Kapitalbeschaffung. Wer über die klassischen Wagniskapitalgeber kein Geld bekommt, probiert es inzwischen oft über einen sogenannten Initial Coin Offering (ICO). Finanzexperten raten Anlegern dabei allerdings zur Vorsicht und warnen vor schwarzen Schafen.
Keine Aktie, sondern ein Token
ICO sind vom Namen her an Initial Public Offerings (IPO) angelehnt, also die klassischen Börsengänge von Firmen. Es gibt aber große Unterschiede: Anleger erwerben bei einem ICO keine Aktien von einem Unternehmen, sondern einen Token, der eine Art Gutschein für eine künftige Dienstleistung darstellt. ICOs stellen eine Machtverschiebung von den klassischen Wagniskapitalinvestoren zu den Gründern dar, weshalb zahlreiche Experten davor warnen.
Hohe Betrugsquote
"Die Betrugsquote ist hoch. Das ist manchmal wie im Wilden Westen", sagt Professor Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance. Das hängt auch damit zusammen, dass es keine spezifische Regulierung nur für ICO- oder Kryptotoken gibt. Jeder kann theoretisch irgendetwas tun und als ICO bezeichnen. Deswegen habe die Behörde im November Verbraucher vor den Risiken gewarnt. Jedoch sei man nicht so weit gegangen, ICO grundsätzlich zu verbieten.
Wie leicht mit ICOs betrogen werden kann, zeigte jüngst das Beispiel Savedroid. Das Frankfurter Start-up sammelte im Frühjahr über einen ICO laut Firmenchef Yassin Hankir rund 40 Mio. Euro bei Anlegern ein. Kurz danach waren Hankir und die Internetseite der Firma stundenlang nicht erreichbar, was zwischenzeitlich sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief. Der Firmengründer erklärte, er habe darauf aufmerksam machen wollen, dass der ICO-Markt wegen Betrügereien vor dem Abgrund stehe. "Von Savedroid lässt sich lernen, dass die Gründer bei einem ICO den Investoren zu nichts verpflichtet sind und am Tag nach dem ICO mit dem gesamten Kapital verschwinden könnten", sagt Peter Lennartz, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young.
Neun von Zehn nur am schnellen Geld interessiert
Neun von zehn ICO seien nur dazu da, um das schnelle Geld zu machen, kritisiert ein Anwalt, der namentlich nicht genannt werden will. "Bei vielen Firmen wird die Blockchain-Technik nur konstruiert und sie ist eigentlich gar nicht notwendig für das Geschäftsmodell."
Bessere Aufsicht gefordert
Damit Anleger schwarze Schafe einfacher ausmachen könnten, sei eine bessere Aufsicht notwendig, betont der Co-Chef der Silicon Valley Bank Deutschland, Oscar Jazdowski. "ICOs werden sich nur durchsetzen, wenn die Regulierer in Europa, in den USA und auch in China eine globale Strategie entwickeln, wie mit ICOs umzugehen ist und Richtlinien formulieren. Erst dann können sie Erfolg haben."
(APA/red.)