„Krisen gehören zum Leben dazu“

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Networking. Messeveranstalter Reed und die Erste Bank wollen abseits des beruflichen Alltags junge Potenziale verbinden. Bei der Premiere inspirierte Christian Wulff.

Die Botschaft ist klar. Christian Wulff rät jungen Führungskräften, Dingen auf den Grund zu gehen, sich eine eigene Meinung zu bilden und eine Haltung einzunehmen. Auch einmal zuzuhören und Fragen zu stellen, sich in älteren und erfahrenen Menschen Mentoren zu suchen. Das helfe dabei, seine eigenen Entscheidungen abzugleichen, sagt der ehemalige deutsche Bundespräsident.

Wichtig sei es aber, nicht einfach Berufswege zu übernehmen, „weil sich jeder seinen Talenten und Begabungen entsprechend entwickeln muss“. Kurz: „Sein Ding machen, seine Fähigkeiten ausbauen und dazu den Rat Älterer suchen.“

Wulff war vergangenen Sonntag auf Einladung von Reed-Exhibitions-Chef Benedikt Binder-Krieglstein und Erste-Bank-Vorstand Peter Bosek als Vortragender beim Netzwerktreffen für Nachwuchsführungskräfte im Weingut Oggau im Burgenland. Es war ein Abend im Zeichen von Nachhaltigkeit, Werten und Stabilität. Sich inspirieren zu lassen, herausgelöst aus dem beruflichen Kontext und weit weg vom Getriebe der Großstadt – das war die Intention der Gastgeber.

Dafür hatten sie ausgewählte Newcomer und erfahrene Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Medien im kleinen Kreis eingeladen. „Ziel ist es, junge Potenziale zusammenzubringen, die österreichische Politik, Medien und Wirtschaft in den nächsten 20 Jahren prägen werden“, sagte Binder-Krieglstein.

Es gehe darum, sich seiner Verantwortung bewusst zu werden, auch einmal innezuhalten und jemanden sprechen zu lassen, der Erfahrung habe. Eben jemanden wie Christian Wulff.

Der Rechtsanwalt und frühere Politiker analysierte in seiner Rede Gefahren und Risken für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik und ermutigte die Zuhörer, Position zu beziehen, auch und gerade dann, wenn sie auf Widerstand treffen. Vielfalt, Europa und Heimat seien die Felder, die eine erfolgreiche Gesellschaft und Wirtschaft ausmachen würden.

Krone richten, weitergehen?

Er thematisiert auch Herausforderungen und Chancen der Diversität und die Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Grundsätze. Dass er damit provozierte, war ganz im Sinn der Gastgeber.

Im Gespräch mit der „Presse“ thematisierte er dann auch persönliche Tiefschläge und wie man damit umgeht. Der viel zitierte Spruch, „Krone richten und weitergehen“ war für Wulff kein Rezept, als er – er war amtierender Bundespräsident – monatelang wegen Korruptionsvorwürfen unter medialem Dauerbeschuss stand und schließlich von seinem Amt zurücktrat. Man solle solche Krisen nutzen, um über eigene Versäumnisse nachzudenken und die Konsequenzen daraus zu ziehen.

Denn: „Krisen gehören zum Leben dazu, und man kann gestärkt daraus hervorgehen.“ Wichtig sei es, sich nicht als Opfer, sondern als Handelnden zu sehen. Letztendlich müsse man mit der Sache abschließen. „Dann muss man nach vorn schauen und darf sich seine Zeit nicht durch zu starke Beschäftigung mit der Vergangenheit rauben lassen. Und man soll gelassen sein. Gelassenheit ist für mich das schönste Wort der deutschen Sprache geworden.“

Zeit verantwortungsvoll nutzen

Eine Einstellung, mit der sich auch Binder-Krieglstein identifizieren konnte, selbst in seiner jungen Karriere schon mit Tiefschlägen konfrontiert. Die wichtigste Erkenntnis sei nach seinen Krisen gewesen: „Das Schlechteste, was man machen kann, ist der Gesellschaft, den Eltern oder einem Bild zu entsprechen. Man soll sich selbst treu bleiben. Glaub an dich und tu, was du liebst.“

Etwas wollte auch Wulff den Nachwuchsführungskräften an dem launigen Abend bei Winzerjause, Spanferkel und Wein noch mitgeben: „Genießen Sie das Leben und nutzen Sie die Zeit, die Sie haben, verantwortungsvoll.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2018)

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