Herausforderungen spielend lösen

TU Graz
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Gamification. Johanna Pirker, Expertin für Virtual Reality an der TU Graz, sieht in Gaming-Elementen eine Chance für Recruiter, die besten Leute in ihre Unternehmen zu lotsen.

Wer sagt, sie oder er könne „eine Aufgabe spielend lösen“, will damit nichts anderes ausdrücken als: „Ich mache das gern, es bereitet mir Freude, die Sache zu erledigen.“ Genau das ist es, was Johanna Pirker fasziniert: spielerische Elemente, die motivieren, aber nicht als Spiel erkennbar sind.

So wie bei dem von ihr entwickelten „Maroon“, einem virtuellen Physiklabor, das es bald in die heimischen Klassenzimmer schaffen könnte. Experimente können in der virtuellen Realität beliebig oft wiederholt werden, ohne dass jemand bei einem verunglückten Versuch zu Schaden kommt. Doch es müssen nicht zwingend Lernspiele oder Edutainment-Produkte sein, bei denen sich diese „unsichtbaren Motivatoren“ aus der Spielewelt einbauen lassen.

Gaming-Elemente in Nicht-Gaming-Kontexte zu holen funktioniere, sagt Pirker, die bei der Zukunft Personal Austria die Keynote zum Thema „It's not just a game. It's a game changer“ halten wird (13. November, 15.30 Uhr). Pirker ist erst kürzlich vom „Forbes“-Magazin in der Kategorie Science and Healthcare in die Liste der Hoffnungsträger „30 under 30“ aufgenommen worden. Als Beispiel nennt Pirker die Plattform LinkedIn. Diese hat sich zunächst schwergetan, User dazu zu bringen, freiwillig Daten über sich herzugeben. Das änderte sich, als eine „progress bar“ eingeführt wurde, wie man sie aus Spielen kennt: eine Leiste, die anzeigt, wie viel Prozent des Profils ausgefüllt sind. Etwa: „Du hast 80 Prozent ausgefüllt“, verbunden mit der Aufforderung „Gib noch ein Projekt an, das du erledigt hast, und du bist schon bei 90 Prozent“.

Gaming-Elemente setzt auch die Plattform Stack Overflow ein, auf der User Fragen zum Thema Softwareentwicklung stellen und andere Nutzer antworten können. „Diese User verbringen freiwillig Zeit mit den Problemen anderer“, bringt es Pirker auf den Punkt. „Diese Motivation wird auch belohnt: „Es gibt Punkte für gute Antworten und „up votings“ durch die Nutzer, welche Antworten hilfreich waren.

Wo sich die Recruiter tummeln

Das ruft im Übrigen auch Recruiter auf den Plan. Vor allem solche, die Software-Entwickler ins eigene Unternehmen lotsen sollen. Die Recruiter können auf diese Weise gut erfahren, wer besonders engagiert ist und gute Antworten liefert. Das gelte auch für Plattformen wie GitHub, „auf denen kollektiv an einem Code gearbeitet wird“, sagt Pirker. Abgesehen davon haben viele Unternehmen „playful recruiting“ oder „gamified recruiting“ für sich entdeckt. Dabei werden spielerische Elemente verwendet, um geeignete BewerberInnen zu finden.

„Google und andere Techfirmen haben früh begonnen, durch versteckte Rätsel, mathematische Aufgaben oder Coding-Challenges potenzielle Bewerber zu finden“, sagt Pirker. Die Lösung der Aufgabe ist die Bedingung für alle weiteren Schritte. Ungeeignete und unmotivierte Bewerber werden damit frühzeitig elegant aus dem Prozess ausgeschieden.

So vorzugehen, sagt Pirker, sei auch kleineren Unternehmen möglich, die nicht auf große Ressourcen wie Google und Co. zugreifen können. Andere Unternehmen setzen auf spielbasierte Simulationen. Pirker nennt als Beispiel „Reveal“ von L'Oréal, bei dem es darum ging, ein neues Produkt zu entwickeln. „Kandidaten konnten sich online mit anderen mittels Highscores vergleichen und versuchen zu verbessern.“ Auch Jaguar hat eine Mixed-Reality-App veröffentlicht, bei der Motivation, Neugier und auch Problemlösungsfähigkeiten von potenziellen Kandidaten getestet werden.

Spiele(r) mit Imageproblem

Noch aber gibt es viel zu tun, um das Spielerische salon- bzw. businessfähig zu machen. „Spiele haben ein schlechtes Image, weil sie oft nur mit Shooterspielen assoziiert werden“, sagt Pirker und hält entgegen: „Es gibt ja auch nicht nur Actionfilme.“ Anders als das Klischee vom arbeitslosen, jungen Burschen seien die durchschnittlichen Spieler 34 Jahre alt, berufstätig – und zu 40 Prozent weiblich.

Ihr geht es darum aufzuzeigen, dass Spiele positiv wirken, eine Geschichte erzählen, nicht immer nur Spaß vermitteln, „sondern auch zum Nachdenken anregen“.

ZUR PERSON

Johanna Pirker (29) forscht und lehrt als Mitglied der Motivational Media Technologies Group am Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz. Die Expertin für Virtual Reality wurde in der Kategorie Science and Healthcare in die „Forbes“-Liste „30 under 30“ aufgenommen. Bei der Zukunft Personal Austria wird Pirker am 13. November um 15.30 Uhr eine Keynote zum Thema „It's not just a game. It's a game changer“ halten.www.austria.zukunft-personal.com

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