Mitarbeiter via Social Media als Experten zu positionieren lohnt sich meist für Unternehmen. Auch Kleinbetriebe und Start-ups sollten nicht auf die Öffentlichkeit vergessen.
Diese Erwartung bleibt für Unternehmen meist unerfüllt: Von einem Tag auf den anderen einen Social-Media-Auftritt hinzulegen, der – wie man so sagt – „einschlägt“. Das, sagt Christoph Schmutz, Kogründer der Wiener Digitalagentur Ceyond, funktioniere am ehesten bei großen Unternehmen, die schon viel in die Markenbildung investiert haben. Und auch dann meist nur mit enormem Aufwand. Oder wenn man Meghan und Harry heißt und der britischen Königsfamilie angehört: Die beiden erreichten auf Instagram in der Weltrekordzeit von nur 5:45 Stunden eine Million Follower.
Schmutz rät Unternehmen, sukzessive Spezialisten aus dem eigenen Haus auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen für das Unternehmen zu Wort kommen zu lassen: auf LinkedIn, Xing und Twitter, bei entsprechendem fotografischen Talent auch auf Instagram, um zunächst eine B2B-Community aufzubauen. Sie sollen, sagt Schmutz, „Expertise, nicht Produkte darstellen“. Das heißt, über Probleme bzw. entsprechende Lösungsansätze zu schreiben, „um dadurch zu Opinionleader in ihren Disziplinen zu werden“.
Er empfiehlt, die Themen für die einzelnen Experten klar abzustecken: In einem IT-Unternehmen könnten das beispielsweise je ein Mitarbeiter aus den Bereichen IT-Security, Operations und Finanzen sein, die sich zu Fachfragen äußern. „Und daneben der Geschäftsführer, der sich als Digital Leader positioniert.“ Er hat auch die Aufgabe zu orchestrieren. Schmutz nennt als Beispiel ein erfolgreich umgesetztes Projekt mit einem Kunden: Über den Unternehmensaccount wird der Abschluss gemeldet und ein Kundenzitat als Success-Story ausgewiesen. Ein Experte beschreibt auf seinem Account die Herausforderungen, den Weg zur und die Lösung selbst. Und der Geschäftsführer drückt auf seinem Account wiederum den Stolz auf sein Team aus und seine Freude mit dem Kunden über all das, was gemeinsam umgesetzt worden ist. „Das drückt Wertschätzung aus“, sagt Schmutz. Immer vorausgesetzt, dass alles auch ernst gemeint ist – Stichwort Authentizität. Und wenn sie gegeben ist, dann kann der Geschäftsführer auch ein Foto mit sich und einem Glas Wein posten. Nach dem Motto: „Wir haben geschwitzt, wir haben geblutet – das haben sich mein Team und ich jetzt verdient. Cheers!“
Eines ist dabei wichtig: Die jeweiligen Botschaften sollen nicht gemischt werden – das Unternehmen soll nur über den Abschluss, der Experte über die Lösung und der Geschäftsführer über die Freude schreiben. Sonst beschädige das die Glaubwürdigkeit aller.
Abwerben – ja, aber
Mitarbeiter zu Kommunikatoren zu machen habe auch einen Bindungseffekt, sagt Schmutz. Es führe in aller Regel zu höherer Loyalität. Den Einwand, dass man seine eigenen Leute zum Ziel für Abwerbungen mache, kennt er. Aber, sagt er, loyalen Mitarbeitern müssten andere Unternehmen deutlich mehr bieten, um überhaupt interessant zu sein. Und wenn Spezialisten aus dem Unternehmensalltag erzählen und beschreiben, wie sie Aufgaben lösen, wirke das wie Talentmanagement, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein.
Da auch Kleinunternehmen und Start-ups Talente suchen, sei es auch für sie wichtig, an die Öffentlichkeit zu gehen. Vanessa Mucha-Trnavský, die die PR-Academy für kleine Unternehmen betreibt (nächste Termine: 16. und 17. Mai, u. a. mit „Presse“-Redakteurin Mirjam Marits als Trainerin). Storytelling, sagt sie, spiele dabei eine wichtige Rolle: um Bekanntheit, Sympathie und daneben eine Community aufzubauen. Und darüber hinaus, um auf sich als Arbeitgeber aufmerksam zu machen: als Arbeitgeber, dessen Produkte und Dienstleistungen man gern beziehen möchte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2019)