Karriere

„Wichtig, dass man gern entscheidet“

(c) Akos Burg
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Hofer-CEO Horst Leitner erwartet von jungen Managern den Willen, zu gestalten und sich auf Neues einzulassen: auf Analoges wie Digitales, auf Aufgaben im In- und Ausland.

Im Lebensmitteleinzelhandel geht es zur Sache“, sagt Horst Leitner, seit Herbst CEO bei Hofer. Denn dort, wo neue Siedlungen entstehen, entstehen auch neue Verkaufsflächen. Das Onlinegeschäft im Lebensmittelbereich habe hingegen immer noch wenig Bedeutung. Im vergangenen Jahr wuchs zwar das Volumen leicht, der Anteil aber sank ebenso leicht.

Wie Digitalisierung im Lebensmitteleinzelhandel aussehen kann, hat Leitner in den USA erlebt, wo er zuletzt rund sieben Jahre für Aldi tätig war. Branchenriese Walmart etwa gab sich eine digitale Strategie, kaufte Onlinehändler auf, um sich Technologie und Talente zu sichern, und suchte nach seiner größten Stärke: jener, dass 75 Prozent der US-Bevölkerung im Umkreis von 15 Meilen zu einer Walmart-Filialen leben. Walmart ist damit deutlich näher am Kunden als Konkurrent Amazon und setzt daher stark auf ein Click-and-collect-Angebot mit gleichen Preise wie im Laden. „Derzeit ein Defizitgeschäft“, sagt Leitner, aber das Angebot wurde gut angenommen und soll sich langfristig auszahlen.

Ein anderes Konzept verfolgt die Plattform Instacart. Per Handy-App kauft man beim Händler der Wahl und bekommt die Ware gegen einen Aufpreis geliefert. Da mitzumachen habe Aldi als Lieferant 60 Prozent Zusatzumsatz gebracht, sagt Leitner.

Eins zu eins ließen sich die Konzepte nicht importieren. In den USA hätten die Kunden das Gefühl, die Ware komme aus dem eigenen Land, in Österreich hingegen, die Lieferung käme aus dem Ausland. „Ich sehe in Österreich noch wenig Dynamik im Onlinelebensmittelbereich. Da ist kein Geld zu verdienen“, sagt er. Der Umsatz sei gering. Man habe keinen Drang, sich im Moment einen „Verlustbringer ins Unternehmen zu holen“. Eine Strategie für das Onlinegeschäft habe man aber griffbereit. Derzeit beobachte man, welches Konzept sich auf dem Markt durchsetze und wann der richtige Zeitpunkt sei zu starten.

Gearbeitet werde laufend daran, die Lieferkette zu verbessern: „Es gibt einen riesigen Wettbewerb um Talente in diesem Bereich“, sagt der 52-Jährige. Supply Chain Management sei zum Thema geworden, „weil es die Technologie erlaubt, schneller, effizienter, mit weniger Warenverlust“ zu liefern. Da bislang nicht so viele Logistiker ausgebildet wurden, wie benötigt werden, entwickelte Hofer mit der FH Oberösterreich einen eigenen Lehrgang.

Überhaupt, sagt Leitner, sei die Lage im Fachkräftebereich „fordernd“. Sein Unternehmen fische – nicht nur im oberösterreichischen Zentralraum – wie viele andere (Industrie-)Unternehmen „im gleichen Talentepool“. Gefordert sind daher neue Zugänge zu den potenziellen Mitarbeitern: Hofer ist etwa bei Konzerten und Festivals dabei, um junge Menschen anzusprechen. „Wir versuchen, uns von Anfang an realistisch darzustellen, zu zeigen wie Jobs und Kultur wirklich aussehen.“ Gern mit Menschen zu arbeiten und „über Jahre hinweg lernen zu wollen“ gehört dazu. „Es muss den Willen geben, zu gestalten und zu entscheiden und sich auf etwas Neues einzulassen“, sagt Leitner. Auf neue Jobs im eigenen Land wie auf Aufgaben im Ausland.

Ebenso sei Leistungsorientierung ein wichtiger Punkt. „Leistung, bei der es um den Erfolg des Unternehmens, der Filiale, des Verkaufsbezirks – aber nie auf Kosten der Kollegen“ – gehe. Andernfalls gebe es von Kollegen und Mentoren sehr schnell entsprechendes Feedback. „Das ist ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur“, sagt Leitner.

Und an ihr möchte er nicht rütteln, so wie Kontinuität überhaupt eine große Rolle spiele. Was er aber Zug um Zug einführt, ist das generelle Du-Wort. Umgekehrt soll das Unternehmen weniger hierarchisch werden.

Nachhaltigkeit gefragt

Entscheidungen zu treffen sei einer der wesentlichen Punkte im Management – und funktioniere auf allen Ebenen gleich: Wissen verschaffen und innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs entscheiden, und zwar schnell und effizient. „Wichtig ist, dass man gern entscheidet“, sagt Leitner. Und dass man erkennt, wann ein Eingreifen und damit eine Entscheidung überhaupt erst notwendig sind.

Kandidaten wissen oft selbst noch nicht, ob sie gern entscheiden. Ob sie risikofreudig oder -avers sind. Deshalb durchlaufen Einsteiger auf Managementebene, die Regionalverkaufsleiter, ein achtmonatiges Programm, ehe sie ihre Filialen übernehmen und zwei, drei, vier Jahre führen. „Dann sieht man die langfristige Entwicklung. Und ob ihre Entscheidungen nachhaltig sind.“

Auf einen Blick

Hofer4Excellence ist das exklusive Karriereevent für High Potentials in Kooperation mit der „Presse“. Im Rahmen dieses Abends am 21. Mai hält Pilot, Berater und und Unternehmer Peter Brandl die Keynote „Die Kunst, herausfordernde Entscheidungen zu treffen“.
Im anschließenden Karrieretalk diskutiert er mit Horst Leitner und dem Hofer-Management sowie Christina Holweg vom Institut für Handel und Marketing der WU Wien.
Studierende aller Uni- und FH-Fachrichtungen, die kurz vor dem Abschluss stehen, können sich bis 10. Mai mit ihrem Lebenslauf für Hofer4Excellence bewerben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2019)

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