Zu freundliche Mitarbeiterbeurteilungen verzerren das Talent-Management.
Man will es sich ja nicht mit seinen Mitarbeitern verscherzen. Deshalb neigen Abteilungsleiter dazu, Schwächere im Team zu gut zu beurteilen. Damit kaschieren sie die Leistungsunterschiede in der Abteilung, erschweren es aber dem Talent-Management, die echten Talente zu erkennen und zu fördern. Zu diesem Schluss kam die WU-Professorin Isabella Grabner vom Institut für Unternehmensführung nach der Analyse des Beurteilungsverhaltens von 1000 Abteilungsleitern.
Eine Lösung hat sie auch: ein Calibration Commitee zu installieren, das danach die Bewertungen mit dem Abteilungsleiter einzeln reflektiert und gegebenenfalls revidiert. In den USA leisten sich bereits 43 Prozent der Unternehmen ein solches Calibration Commitee, obwohl es Zeit und Geld kostet. Doch die Bewertungen sind dann realitätsnäher, das Talent-Management kann verzerrungsfreie Schlüsse ziehen.
Die Abteilungsleiter haben auch etwas davon: Es zeigte sich, dass jene, die von vornherein differenziert bewerteten, selbst schneller Karriere machten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2019)