Absolventen: Der LL.M., der sich nicht (mehr) auszahlt

International. US-Studierende glauben nicht mehr an eine Karriere mit Jus. Ein Trend für Österreich?

Die US-Amerikaner scheinen den Glauben an eine Karriere mit einem juristischen Studium verloren zu haben: Die Bewerberzahlen für die „Law Schools“ sind auf ein 30-Jahres-Tief gesunken, berichtete die Vereinigung der amerikanischen Anbieter von juristischen Studien vor Kurzem. 2004 hätten sich noch 100.000 Personen für ein Jusstudium interessiert. In diesem Jahr werden noch 54.000 Bewerber erhofft, so das „Law School Admission Council“. Ein Jusstudium sei offenbar kein Garant für eine Karriere mehr, wird argumentiert. Auch scheinen die Studienbeiträge in krassem Missverhältnis zu den Salären der Absolventen zu stehen – mit einem LL.M. ließe sich schlichtweg nicht ausreichend verdienen, analysiert die „New York Times“ diese Entwicklung.

Die Einbruch scheint langfristig zu sein. Auf „Presse“-Anfrage bei der international tätigen Wirtschaftssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer, die auch in Wien ein Büro betreibt, war zu erfahren, dass die „New York City Bar Association“ – sprich: die Vereinigung der New Yorker Rechtsanwälte – dazu eine eigene „Task Force“ eingesetzt hat. Wie ernst die US-Wirtschaftssozietäten diese Entwicklung nehmen, zeigt, dass Freshfields US-Managing-Partner, Julian Pritchard, Mitglied der „Task Force“ wurde.

Sind die US-amerikanischen Entwicklungen Vorboten für einen heimischen Trend? Die Länder könnten schon aufgrund der Studiengebühren nicht miteinander verglichen werden, erklärt Susanne Hochwarter. Die Personalberaterin ist mit ihrem Unternehmen „Lawyers & More“ auf den juristischen Arbeitsmarkt spezialisiert. „Die Marktsättigung, die die USA vielleicht schon erreicht hat, kann ich bei uns nicht erkennen“, sagt Hochwarter. Das Wiener Juridicum verzeichnet auf Anfrage keine Einbrüche: Die Zahl der Erstsemestrigen pendle seit Jahren um 2100 Personen. Im Schnitt würden etwa 700 Studierende jährlich graduieren.

Keinen Abbruch der Begeisterung für seinen Berufsstand kann auch Georg M. Oswald erkennen. Der deutsche Rechtsanwalt hat vor Kurzem das Buch „55 Gründe, um Rechtsanwalt zu werden“ veröffentlicht. „Ich sehe diesen Trend hier nicht. Die Berufsaussichten sind weiterhin sehr gut“, sagt Oswald. Das gelte nicht nur für die Kernberufe, sondern auch für viele andere Bereiche, ergänzt Hochwarter. Durch die neuen Wirtschaftsrechtstudien werde es allerdings in den nächsten Jahren zu einer Aufspaltung kommen: Die Alumni dieser Studien werden eher in Wirtschaftssozietäten und Unternehmen gehen, die „klassischen“ Juristen eher in anderen Bereichen – wie dem öffentlichen Dienst – anheuern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2013)

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