Folge 16. Franz G. kündigt sein Dienstverhältnis. Vier Monate zuvor absolvierte er eine in der Branche nachgefragte Zusatzausbildung. Die damit verbundenen Kosten fordert sein Dienstgeber nun zurück.
Der Dienstgeber beruft sich dabei auf folgende Klausel in Franz G.s Dienstvertrag vom 01.01.2016: „Der Dienstnehmer verpflichtet sich, sämtliche vom Dienstgeber für ihn aufgewendeten Kosten für Aus- und Fortbildungen zurückzuerstatten, wenn das Dienstverhältnis innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Ausbildung durch (nicht vom Dienstgeber verschuldete) Dienstnehmerkündigung, verschuldete Entlassung, unberechtigten Austritt oder vom Dienstnehmer verschuldete Dienstgeberkündigung beendet wird. Die zurückzuerstattenden Kosten verringern sich für jedes abgelaufene Dienstjahr um ein Drittel.“
Muss Franz G. die Ausbildungskosten zurückzahlen?
Das Gesetz stellt detaillierte Anforderungen an Vereinbarungen, die den Dienstnehmer verpflichten, vom Dienstgeber für ihn aufgewendete Aus- und Fortbildungskosten bei Beendigung des Dienstverhältnisses zurückzuzahlen. Grundvoraussetzung ist, dass es sich um Kosten für eine erfolgreich absolvierte Ausbildung handelt, die dem Dienstnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Dienstgebern verwerten kann. Insbesondere bloße Einschulungskosten für einen konkreten Arbeitsplatz sind demnach nicht rückersatzfähig.
„Erfolgreich absolviert“ bedeutet nicht, dass nur die Rückzahlung von Kosten für Ausbildungen vereinbart werden kann, bei denen am Ende eine Prüfung oder ein Zeugnis vorgesehen ist. Es kommt für die erfolgreiche Absolvierung der Fortbildung primär darauf an, ob dem Programm der Fortbildung entsprechend neue Kenntnissen und Fähigkeiten erworben werden, sodass auch die Rückzahlung von Kosten für Ausbildungen, die für den erfolgreichen Abschluss etwa nur die Teilnahme, aber keine formelle Abschlussprüfung vorsehen, innerhalb des gesetzlichen Rahmens geregelt werden kann. Unabhängig davon, welche Anforderungen im Rahmen der konkreten Ausbildung an das erfolgreiche Absolvieren gesetzt werden, darf der Dienstnehmer die erfolgreiche Teilnahme jedoch nicht schuldhaft vereiteln (z.B. die Ausbildung ohne Grund vorzeitig abbrechen).
Eine Rückerstattung von Ausbildungskosten setzt stets den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer voraus. Ist der Dienstnehmer zum Zeitpunkt des Abschlusses einer solchen Vereinbarung minderjährig, ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
Unzureichende Generalklauseln
Zu beachten ist, dass aus einer schriftlichen Vereinbarung über den Kostenrückersatz stets auch die konkrete Höhe der jeweils zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgehen muss (der Dienstnehmer muss wissen, worauf er sich finanziell einlässt). Generalklauseln in Dienstverträgen, die allgemein den Ersatz sämtlicher vom Dienstgeber getragener Aus- und Fortbildungskosten vorsehen, ohne bereits eine Ausbildung und die damit verbundenen Kosten konkret anzugeben, sind allein nicht ausreichend und müssen im Anlassfall zumindest mittels schriftlicher Zusatzvereinbarung im Hinblick auf die Kosten der jeweils in Aussicht genommenen Ausbildung ergänzt werden.
Neben dem Rückersatz der unmittelbar mit der Ausbildung in Zusammenhang stehenden Kosten (insbesondere Kursgebühren, notwendige Verpflegungs- oder Nächtigungskosten) kann auch die Rückforderung des während der Ausbildung fortgezahlten Entgelts vereinbart werden, sofern der Dienstnehmer für die Dauer der Ausbildung von der Dienstleistung freigestellt ist.
Das Gesetz stellt zudem weitere Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung von Ausbildungskostenrückersatzklauseln, wobei für ab dem 29.12.2015 geschlossene Vereinbarungen engere Grenzen gelten: Die vereinbarte Rückforderungsfrist darf maximal vier Jahre ab Ende der Ausbildung betragen (nur in besonderen Fällen, etwa bei besonders teuren bzw. nachhaltigen Ausbildungen, sind bis zu acht Jahre zulässig). Der Rückersatz kann somit nur für eine Beendigung des Dienstverhältnisses innerhalb von vier Jahren nach dem Ende der Ausbildung wirksam vorgesehen werden.
Monatliche Reduktion
Darüber hinaus muss vereinbart werden, dass sich der Rückzahlungsbetrag innerhalb dieser Rückzahlungsfrist anteilig für jeden im Dienstverhältnis zurückgelegten Monat verringert. Bei einer vereinbarten Rückzahlungsfrist von vier Jahren muss sich der Rückzahlungsbetrag demnach pro Monat um 1/48 verringern. Längere Aliquotierungsintervalle, etwa die jährliche Reduktion, haben die Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung zur Folge.
Selbst bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen kann der Ausbildungskostenrückersatz in folgenden Fällen der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht geltend gemacht werden: (1) Beendigung während der Probezeit; (2) Unbegründete Entlassung; (3) Begründeter vorzeitiger Austritt; (4) Entlassung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit (§ 27 Z 2 AngG bzw. § 82 lit. b. GewO 1859); oder (5) Dienstgeberkündigung, sofern der Dienstnehmer dazu nicht durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlass gegeben hat. Liegt hingegen eine nicht vom Dienstgeber verschuldete Dienstnehmerkündigung vor, wie im Anlassfall, kann der Dienstgeber die Ausbildungskosten bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zurückfordern (ebenso bei verschuldeter Entlassung, unberechtigtem Austritt oder vom Dienstnehmer verschuldete Dienstgeberkündigung).
Im vorliegenden Fall muss Franz G. die Fortbildungskosten nicht zurückzahlen: Die schriftliche Vereinbarung in seinem Dienstvertrag weist die konkreten Kosten der Fortbildung nicht betragsmäßig aus und ist daher unzureichend. Es hätte einer (zusätzlichen) schriftlichen Vereinbarung unter Angabe dieser Kosten bedurft. Aber auch die im Dienstvertrag vorgesehene aliquote Reduktion der Ausbildungskosten pro Dienstjahr ist unwirksam. Denn das Gesetz fordert nun ausdrücklich eine aliquote Reduktion pro Monat.
Axel Guttmann ist Rechtsanwalt bei Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien und im Bereich Arbeitsrecht spezialisiert.