Der Pate

Kolumne "Führungsfehler". Wir sind alle eine große Familie, pflegte der Gründer zu sagen. Er war der Vater. Selbstverständlich.

So mancher mag ihn hier wiedererkennen: Aus dem Nichts stampfte unser Unternehmer ein Vorzeigeunternehmen aus dem Boden, einen Renommierbetrieb, weit über die Grenzen des Landes bekannt. Auch für seine gelebten Werte.

Mitarbeiter seien keine bezahlte Lohnsklaven, so sein Credo, sondern Teil der Familie. Auch am Wochenende. Man unternahm alles gemeinsam, Ausflüge, Freizeitaktivitäten, mit Frau und Kindern. Man verbrachte sein Leben zusammen.

Manchen wurde das zu eng. Die Grenzen zwischen Privat und Beruf verschwanden, erzählt ein früherer Manager, es fehlte der Mindestabstand. Den braucht es aber in der Führungsbeziehung. Irgendwann begannen es die Leute persönlich zu nehmen, wenn im Sinne des Unternehmensinteresses entschieden wurde statt in ihrem. Dann benahmen sie sich wie pubertierende Kinder, maulten, schmollten und knallen mit der Tür.

Auch das Familienoberhaupt ging zu weit. „Geh, übernimm‘ das für mich“, war sein Stehsatz, bevorzugt beim gemütlichen Abendbier. Bald keimte in unserem Manager der Verdacht, der Gründer pickte sich die Rosinen heraus und delegierte alles andere an seine „Kinder“. Widerspruch war nicht vorgesehen – dann mutierte Papa schnell zum Paten.

Auch unser Manager widersprach ihm nicht oft. Er kündigte lieber und führt heute selbst ein KMU. Klassisch hierarchisch, versteht sich.

Und abends versperrt er seine Tür und fährt heim zu seiner richtigen Familie.

Das Management. Unendliche Möglichkeiten für Führungsfehler. Wenn Sie einen solchen loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com

Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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