Sollen wir eine Fehlerkultur anstreben?

Kolumne "Hirt on Management". Folge 31. Entlarvte Worthülsen.

In unserer Rubrik "Hirt on Management" beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage:

Immer wieder wird davon gepredigt, dass Unternehmen eine „Fehlerkultur“ brauchen. Was halten Sie davon?

Michael Hirt antwortet:

"Fehlerkultur" ist aus meiner Sicht eine der dümmsten Wortschöpfungen der letzten Jahre und muss wohl dem Geist von jemandem entsprungen sein, der die Managementpraxis nur vom Hörensagen her kennt.

Jeder vernünftige Manager wird alles tun, um Fehler und Überraschungen zu vermeiden, denn sie bedeuten fast immer, dass jemand seine Arbeit nicht ordentlich gemacht hat.

Wenn aber schon ein Fehler passiert, dann sollten wir konsequent und rücksichtslos daraus lernen und das Erlernte so schnell wie möglich in unserer Organisation verbreiten, damit wir den maximalen Return-on-Investment aus unserem Fehler ziehen, sich also der Fehler gelohnt hat.

Es gibt zahlreiche Gründe, warum Organisationen aus Fehlern nicht lernen, aber die wichtigsten sind das schwache Selbstwertgefühl und die mangelnde Rationalität der meisten Beteiligten.

Jemand, der stark und selbstbewusst ist, kann Fehler zugeben, weil sie seine grundlegende Persönlichkeit und seinen Selbstwert nicht berühren, sondern für ihn einfach nur eine Lerngelegenheit sind.

Wenn man in der Formel 1 des Managements und des Unternehmertums mitspielen will, kann man sich solche Befindlichkeiten und Schwachheiten nicht leisten.

Was wir also brauchen: keine "Fehlerkultur", sondern eine "Lernkultur". Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, in der wir uns - ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten - laufend darum bemühen, in allen Dingen immer besser zu werden. So, dass unser ganzes Leben letztendlich zu einer nach oben gerichteten positiven Spirale wird.

Das Wichtigste in Kürze:

Was wir brauchen ist keine "Fehlerkultur", sondern eine "Lernkultur" und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Wenn schon Fehler passieren, dann sollten wir konsequent und rücksichtslos daraus lernen und das Erlernte so schnell wie möglich in unserer Organisation verbreiten, damit wir den maximalen Return-on-Investment aus unseren Fehlern ziehen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com. Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 20. Oktober zur Frage: Von Dirigenten Management lernen? Sinn, Unsinn und Scharlatanerie.

Die gesammelten Kolumnen finden Sie hier.

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