Warum im Moment alles ganzheitlich oder gar nicht ist.
Wer gute Freunde hat, darf im November darauf hoffen, zu einem Ganslessen eingeladen zu werden. Begleitet wird das Mahl vielfach nicht nur von gutem Rotwein, sondern auch von Wortspielen rund um Gans und ganz. Viele der verbalen Akrobatikversuche sind allerdings – so wie dieser – Gans und gar nicht lustig.
Sie laden aber dazu ein, einen Blick auf das Wort „ganzheitlich“ zu werfen, das im Moment inflationär als Sprechblase verwendet wird.
Noch vor Kurzem hätten weder Manager noch Marketingleute das Wort in den Mund genommen, weil es irrig mit Esoterik konnotiert war. Das hat sich mittlerweile gänzlich umgekehrt. Kaum etwas bleibt verschont: Mit einem neuen Pass lässt sich Wien „schnell, ganzheitlich und modern erleben“, der Finanzverwaltung wird fehlendes „ganzheitliches Risikomanagement“ vorgeworfen, ein Sojaproduzent verfolgt eine „ganzheitliche Eiweißstrategie“, ein Ölkonzern lobt sein „ganzheitliches Supply-Chain- Management“, ein Berater hilft, einen „ganzheitlichen Wachstumsansatz“ umzusetzen und Österreich bietet „das ganzheitliche Winter-Erlebnis“. Fehlt nur noch der Schnee, der das Land in ganzheitliches Weiß hüllt.
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