Sprechblase Nr. 205. Warum "Gefühltes" im Büro nichts verloren hat.
Zählen, das ist etwas für Kleingeister. Wer im Job reüssieren will, muss eine andere Methode zum Erfassen von Größenordnungen beherrschen: das Fühlen.
Von „gefühltem Irgendwas“ ist dann die Rede. Da wird erzählt, dass man „gefühlte 20 Minuten“ warten musste, dass es „gefühlte hundert Anrufe“ gebraucht habe. Und davon, dass „gefühlte 99 Prozent der Chefs“ keine Ahnung hätten. Gefühlt wird an den Arbeitsplätzen nicht nur das Zählbare, sondern auch das Unzählbare – Hauptsache, es ist negativ besetzt: Da geht es um „gefühlte Ausweglosigkeit“, „gefühlte Veränderungen“ oder – besonders schön – „gefühlte Wahrheit“.
Die Einzigen, die Gefühle im Arbeitskontext positiv sehen, sind die Verkäufer. Sie setzen mehr oder weniger gefühlsecht auf Emotional Selling. Sie müssen es ja nicht so weit treiben wie manche Wirte, die „gefühlte Paprika“ anbieten.
In den Sprechblasen spürt Michael Köttritsch, Leiter des Ressorts "Management & Karriere" in der "Presse", wöchentlich Worthülsen und Phrasen des Managersprechs auf und nach.
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(Print-Ausgabe, 23.09.2017)