Slash-Filmfestival: Nicolas Cage, Udo Kier und ein Kannibale

„Mandy“ mit Nicolas Cage eröffnet am Donnerstagabend das Slash. Ab 28. 9. kommt der Film ins Kino.
„Mandy“ mit Nicolas Cage eröffnet am Donnerstagabend das Slash. Ab 28. 9. kommt der Film ins Kino.(c) Thimfilm
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Das Slash bietet zum neunten Mal ein Refugium für unheimliche und unkategorisierbare Filme. Heuer sind sensationelle Stargäste dabei.

Erinnern Sie sich noch an Nicolas Cage? Den Schauspieler, der in den Achtzigern und Neunzigern omnipräsent war, berühmt für seine Glanzauftritte in Filmen wie „Mondsüchtig“ und „Wild at Heart“? Oscarprämiert für die eindringliche Darstellung eines Alkoholikers in „Leaving Las Vegas“? Beliebt als Action-Held in TV-Dauerbrennern wie „Con Air“ und „The Rock“? Irgendwie ist es still um ihn geworden. Man sieht ihn nur noch auf DVD-Deckeln, ein abgehalftertes Zugpferd fragwürdiger Ramschproduktionen. Die meisten meinen, seine Blütezeit sei vorbei.

Doch das Urteil der meisten ist meist mit Vorsicht zu genießen. Ein Blick ins Internet offenbart, dass Cages Stern nie wirklich am Sinken war – er ist nur auf der anderen Seite des Horizonts aufgegangen. Dank seines unnachahmlichen Stils genießt Cage längst auch bei einem jüngeren Publikum Kultstatus. Es liebt die unverschämte Expressivität seines Ausdrucks, den Hang zur Ganzkörperübertreibung abseits von Glaubwürdigkeitskonventionen. Andere mögen ihn abschreiben; für seine neuen Fans ist Cage ein Inbegriff künstlerischer Freiheit.

Kettensäge im Anschlag

Insofern absolut angemessen, dass er sich am Donnerstagabend – eine Mini-Sensation – bei der Eröffnung des Slash im Gartenbaukino die Ehre geben wird: Das Filmfestival hat sich nie groß um Mehrheitsmeinungen gekümmert. Stets hat es Kinokünstler hochgehalten, die Grenzen überschreiten – seien es jene des guten Geschmacks oder die des ästhetischen Normalzustands. Seine neunte Ausgabe läutet es nun mit Donnerglocken ein: „Mandy“ ist nicht nur ein formidabler Nicolas-Cage-Film, sondern ein synästhetisches Gesamtkunstwerk: Um das lose Gerüst einer Rachegeschichte baut Regisseur Panos Cosmatos ein Kinomonument aus übersättigter Farbe und Finsternis, in dessen Düsteraura man umhüllt vom Synthesizer-Soundtrack jedes Zeitgefühl verliert. Über allem thront der Hauptdarsteller mit wahnhaftem Blick und Kettensäge im Anschlag.

Mit dem Metro-Kino nutzt das Slash heuer erstmals eine zweite Hauptspielstätte neben dem Filmcasino. Das ermöglicht ein breiter gefächertes Programm – und eine beträchtliche Aufstockung der Wiederholungsvorstellungen. Zu sehen sind diesmal um die 60 Arbeiten, die ein vielfältiges Spektrum schillernder Lichtspielarten entfalten: Horror und Fantastik sind ebenso vertreten wie Science-Fiction und Animation. Neuerdings gibt es auch einen Wettbewerb – und Historisches wird verstärkt gewürdigt. Gezeigt werden etwa Tod Brownings Meisterwerk „Freaks“, ein Außenseitermanifest des frühen Hollywoods, und die Achtzigerperle „The Monster Squad“.

Ansonsten tut sich das Slash weiterhin als Refugium für Filme hervor, die nicht in bestehende Schubladen passen. Auffällig ist dabei die Präsenz von verqueren Berlinale-Wettbewerbsbeiträgen wie „Pig“, einer bissigen Satire auf die iranische Laufbildbranche – oder „Caniba“, einem verstörenden Kannibalen-Porträtfilm. Auch das (Action-)Filmschaffen Asiens wird mit einem Schwerpunkt ins Projektorlicht gerückt; im Fall von Johnnie Tos außergewöhnlichem Finanzwelt-Musical „Office“ sogar in 3-D.

Eine reine Männerangelegenheit ist das Slash-Programm übrigens nicht: Da finden sich einige Filmemacherinnen, die an garstigen Schreckensszenarien ebenso ihre Freude haben wie an einfühlsamen Coming-of-Age-Geschichten. Zu ihnen zählt die Österreicherin Veronika Franz, deren gemeinsam mit Severin Fiala realisierter Mysterythriller „Ich seh Ich seh“ international reüssierte; beim Slash setzen die beiden die heimische Schauermär von der „Trud“ in unheimlich-berückende Bilder.

Österreich-Bezug hat auch der zweite große Stargast des Festivals, dem ein kleines, aber feines Tribute gewidmet ist: Udo Kier. Die schon weit über 200 Filme fassende Karriere des unermüdlichen Schauspielexzentrikers, der Filme von Fassbinder und Lars von Trier genauso veredelt hat wie David Schalkos „Altes Geld“ und allerlei Schundstückerln für die Wühlkiste, begann schließlich 1968 in einem Sex-and-Crime-Klassiker des De-Facto-Wieners Eddy Saller. Dessen Titel charakterisiert auch das Slash ganz gut: „Schamlos“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2018)

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