Das Regie-Chamäleon des US-Kinos hat genug vom „Movie Business“: Er zieht sich zum Malen zurück – einstweilen.
Den Abschied vom Kino hat Steven Soderbergh schon länger angekündigt – samt dem letzten Film: „Behind the Candelabra“. Das Porträt von Piano-Entertainer Liberace war ein Traumprojekt, das kein Hollywood-Studio finanzieren wollte. Der TV-Sender HBO tat es aber, mit der gestrigen Weltpremiere in Cannes ging Soderberghs Karriere dort zu Ende, wo sie 1989 erfolgreich mit der Goldenen Palme für sein Debüt „Sex, Lügen und Video“ begonnen hatte: „Vor 24 Jahren saß ich hier und hatte noch Haare“, erinnerte sich der Regisseur in der Pressekonferenz – und bilanzierte: „I had a good run.“
Der 50-jährige Soderbergh war einer der wenigen Vielarbeiter des US-Kinos: zehn Filme allein in den letzten drei Jahren! Nun will er die Kreativität anders ausleben, vor allem mit seinem Hobby, der abstrakten Malerei, daneben hat er gerade eine Krimi-Novelle auf Twitter publiziert. Und auf der Pressekonferenz einen kleinen Rückzieher gemacht: Er brauche eine längere Pause, vollends wolle er die Rückkehr zum Filmemachen dann doch nicht ausschließen.
Seine Frustration hat Soderbergh in einer viel beachteten Ansprache zum Stand des Kinos Ende April in San Francisco durchklingen lassen: Kino als „etwas, das man macht“ sei vom „Movie Business“ abgelöst worden, für das jede Vision egal sei, solange es nur irgendetwas zu sehen gibt. Dabei galt Soderbergh als Regie-Chamäleon, das locker von großen Hollywood-Entertainments wie den „Ocean's 11“-Filmen zu persönlichen, kleinen Projekten sprang. Wenn selbst dieser wandlungsfähige Filmemacher jetzt genug hat, ist es kein gutes Zeichen für die Lage in der Traumfabrik. Wie er und seine Mitarbeiter auf der Pressekonferenz betonten (und der – vorläufige – Abschiedsfilm belegt): Im TV kann man in den USA derzeit viel anspruchsvoller und freier arbeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)
